Shareconomy – teilen statt haben

Das gut situierte Zahnarztehepaar hat sich nach vielen Jahren von seinem VW-Bus getrennt. Die Familie wohnt mitten in der Stadt. Der ÖPNV ist vorbildlich. Wenn man dennoch mal ein Auto braucht, nutzt man „Car Sharing“:

“Ich habe meinen VW-Bus verkauft! Der stand sowieso 300 Tage im Jahr still. Wenn ich  jetzt mal ein Auto brauche, hole ich mir das bei cambio.” (Dr. Florian B.)

Der Begriff „Share Economy“ wurde von Harvard-Ökonom Martin Weitzman geprägt und besagt, dass sich der Wohlstand für alle erhöht, je mehr unter allen Marktteilnehmern geteilt wird. So wird im Jahre 2020, schätzt die Unternehmensberatung Arthur D. Little,  ein Fünftel der Autofahrenden keinen eigenen Wagen mehr haben, sondern ein Carsharing-Auto nutzen oder eine Mitfahrgelegenheit.

In der jüngeren Vergangenheit gewann der Begriff besonders auch durch das Internet an Bedeutung, weil Inhalte und Wissen zunehmend nicht mehr nur konsumiert, sondern mit Hilfe von Web-2.0-Technologien weiterverbreitet werden – Stichwort „wikipedia“. Die aktuelle Cebit hat den Begriff „Shareconomy“ zum diesjährigen Jahresmotto gemacht.

„Shareconomy“ beschreibt die Veränderung des gesellschaftlichen Verständnisses vom Haben zum Teilen. Dies zeigt sich auch bei der Nutzung von Gebrauchsgütern. Der Trend vom Besitzen geht stärker zum Nutzen bzw. vom Kaufen zum Leihen. So setzen sich zB Carsharing-Modelle als neue Form der Mobilität immer stärker durch, Musikportale erfreuen sich großer Beliebtheit, auch gibt es Trends beim Teilen von Land als „Gardensharing“, eine Unterform des „Landsharing“.

Dabei gehorchen solche Entscheidungen nicht ausschließlich logischen oder öko-logischen Einsichten: Wenn die wirtschaftliche Lage schlechter wird, rücken Menschen dichter zusammen. Einst teilte man sich Zeitschriften im „Lesezirkel„, Landmaschinen oder gar ein ganzes Kühlhaus.

Der Wohlstand bröckelt inzwischen auch in Deutschland spürbar: Wer heute noch über ein beachtliches Mittelschichteinkommen verfügt, kann bereits ein oder zwei Jahre später Hartz IV-Empfänger sein – alles andere als erfreuliche Aussichten!

Die Wirtschaft sieht solche Trends mit gemischten Gefühlen – Umsatzeinbußen stehen ins Haus, wenn sich in Zukunft zehn Menschen eine Auto, einen Rasenmäher oder einer Wochenzeitschrift teilen.

Manche Branchen versuchen sich auf diesen Trend einzustellen:

  • Man kann DVDs im Shop oder bei amazon leihen
  • Man leiht einmal im Jahr benötigte Gartenmaschinen im Baumarkt
  • Man teilt Wissen bei „wiki“ oder vielen anderen Portalen
  • Man tauscht seine Zeit gegen die anderer in Tauschbörsen

Auch die großen Automobilkonzerne betreiben beschäftigen sich inzwischen intensiv mit dem Thema. Gerade hat der Daimler-Konzern sich am Münchener Unternehmen Carpooling, dem Seitenbetreiber des Portals „Mitfahrgelegenheit.de“, beteiligt und bietet unter Car2goauch noch Hunderte von Mietautos in den Städten an. Schnelles und spontanes Buchen per Smartphone, verbunden mit Bewertungsmöglichkeiten, machen diesen neuen Trend erst interessant. Bereits im kommenden Jahr will man 100 Mio Umsatz damit erzielen.

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2 Antworten zu Shareconomy – teilen statt haben

  1. Cosmogreifenberg sagt:

    Das Konzept „Share Economy“ ist ja aus einem noblem Grundgedanken entstanden. Allerdings passt es nicht wirklich in unsere Gesellschaft und Markt-Wirtschaft. Wenn alle anfangen ihr Hab und Gut zu teilen tut das der Wirtschaft nicht wirklch gut. Die Umsätze sinken, was dazu führt das Arbeiter entlassen werden müssen, was dazu führt das die Arbeitslosenquote steigt. Und spätestens dann fangen alle wieder an sich zu beschweren.
    In einigen Bereichen, wie zum Beispiel dem Car-Sharing oder Informations-Sharing im Internet, finde ich die Idee sehr gut und unterstütze sie. Aber in anderen muss die Idee noch überdacht und überarbeitet werden
    Quelle: Handelsblatt

  2. Das ist das übliche Totschlag-Argument gegen jede soziale, innovative oder ökologische Idee: Arbeitsplätze!

    Ist ein Volk denn ausschließlich dazu da, der Wirtschaft gut zu tun? Sollte es nicht – im Gegenteil – andersherum sein? Gewiss, die Realität ist anders, doch „Wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen – um so schlimmer für die Tatsachen.“ (Herbert Marcuse)

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