In memoriam – Manfred Heene

Es war wohl das Jahr 1985 als ich Manfred Heene auf dem Weingut Steigelmann  in Neustadt-Gimmeldingen kennenlernte.

Das „Du“ war für Manfred nur eine Frage von Minuten: „Isch bin der Monfräd!“ Ein wahrer „Pälzer“ und einen freundlicheren Menschen muss man lange suchen. Und die Wertschätzung, die er auch mir stets gab, war beeindruckend, besonders, wenn er mich anderen vorstellte: „Das ist der Karl aus Bremen, der ist Professor, ach, mehr als ein Professor!“ Woher er zu dieser doch irrigen Annahme kam, ist mir stets rätselhaft geblieben. Auszureden war sie ihm jedenfalls nicht. Wenn dadurch aber auch etwas Glanz auf ihn abfiel, so soll es mir recht gewesen sein.

Immer hatte er Zeit für ein kurzes Gespräch. Dabei war er „als“ (= stets) fröhlich und wohlgemut. Gesungen hat er als Tenor im „Gesangverein 1845 Gimmeldingen“ (montags Probe von 20:00 bis 21.30 h – „wo mir schon überall gsunge hen!“). Sonntags war Bundesliga in der „Turnhall“ angesagt – natürlich mit „Schobbe“. Vermutlich war er auch Mitglied im „Turnverein 1893 Gimmeldingen„, der Freiwilligen Feuerwehr und mit Sicherheit und nachweislich im „Pfälzer Wald Verein (PWV“ – denn bei dessen gemeinsamen Wanderungen war er immer sehr gerne mit dabei. Besonders die Gegend um Esthal (pfälzisch: „Eschtl„) mochte er sehr, wohl wegen des Buchenwaldbestands.

Einst hat er als gelernter Maurer „bei de Anilin“ in Ludwigshafen gearbeitet, doch schon bald seine Tätigkeit bei Steigelmanns aufgenommen. Über 50 Jahre, auch nach Erreichen der Rentenzeit, hat er werktäglich auf dem Weingut gearbeitet. Auch Samstagvormittag. Immer. Bei Wind und Wetter. Im „Keller“ oder im „Wingert„. Keine Arbeit war ihm zu schwer. In den kleinen Pausen, die das Leben ja erst erträglich machen, wurde immer gerne ein bisschen „gebabbelt“ – das machen alle Pfälzer gern und ausführlich; man wundert sich, dass sie trotzdem so viel schaffen!

Überhaupt, die Arbeitsweise der Pfälzer mag für Außenstehende manchmal etwas unstrukturiert erscheinen, hat aber gleichwohl System und wird von eben jenen kleinen -manchmal recht lautstarken und aufgeregten – Stehkonferenzen zusammengehalten. Dass dabei manchmal das Wort „Dummgebabbl“ fällt, dient nur zur kurzfristig verlorengegangenen Wiederherstellung der natürlichen Rangordnung. Abgeschlossen wurde so ein Palaver von Manfred meist mit dem Ausruf „Alla!“, was nichts mit dem Islam, wohl aber Ähnlichkeit mit dem Amen in der Kirche zu tun hat und mit der französischen Zeit – und wonach sich alle wieder in Richtung der inzwischen liegen gebliebenen Arbeit tummelten.

Einen besseren Vertreter Steigelmannscher Produkte (inzwischen drei Mal mit dem „Großen Staatsehrenpreis“ ausgezeichnet!) konnte es nicht geben: „Karl, den muschte probieren! Das ischt ein wunnerbares Tröppsche!“ Der Weinanbau war sein Lebensinhalt.

Wenn ich ihn suchte, fragte ich immer nach dem „Assistenten“ (pfälzisch:  „Aschisch-schtent„). Und wer etwas vergebens suchte, fragte Manfred – denn der wusste immer um den Aufenthaltsort jener Dinge, die man auf einem Weingut hin und wieder vermisst und dann dringend braucht.

Alle anderen sprachen entweder vom „Monfräd“ oder „Henniii“ – weil der Manfred  möglicherweise hugenottischer Abstammung war und einst gar einen Akzent (aigu) auf dem letzten „e“ hatte?

Nie war er krank. Er wollte immer ein echter „Hartriegel“ sein – jemand, der nicht klagt, auch wenn es ihm mal nicht so gut ging. Bis zum letzten Moment hat er im Keller „gschafft„, bis es dann vergangene Woche wirklich nicht mehr ging. „Unkraut verdirbt nicht!„, das waren wohl seine letzten Worte zu Irma Steigelmann im Krankenhaus.

„Hoch klingt das Lied vom braven Mann
Wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohes Muts sich rühmen kann,
Den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.
Gottlob! daß ich singen und preisen kann:
Zu singen und preisen den braven Mann!“
(Gottfried August Bürger)

Heute wurde Manfred Heene im Alter von 74 Jahren in seinem Gimmeldingen beigesetzt. Er ist mir immer ein wahrer Freund gewesen. Für sein Grab hat er sich schon zu Lebzeiten lieber eine „Flosch Woi“ statt Blumen erbeten – seine Gimmeldinger Freunde werden ihm  diesen Wunsch gewiss erfüllen, vielleicht mit einem Steigelmannschen Silvaner trocken?

Doch lassen wir Anja Brisólla – Gimmeldingerin auf Zeit in den 1980er Jahren, die sich in ihrer Trauer und in ihren guten Gedanken Manfreds Familie verbunden fühlt – von Hamburg aus die letzten Worte sprechen:

„Ja, ‚der Monfräd‘ – so ein lieber, hilfsbereiter Kerl. Ein arbeitsreiches Leben hat er mit offensichtlicher Lebensfreude hinter sich gebracht. Mögen ihn liebreizende Engel dort oben mit einem kräftigen ‚Halleluuuja!‘ empfangen!“

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3 Antworten zu In memoriam – Manfred Heene

  1. Brendelberger sagt:

    Danke Manfred, das wir Dich kennen lernen durften, auch wenn wir nicht viel Zeit dazu hatten. Du wirst immer in unserem Herzen sein. Peter & Manu

  2. Rainer Brückner sagt:

    Lieber Manfred,
    Ich habe wieder einmal an Gimmeldingen gedacht und wollte mir bei der Fam. Steigelmann Wein bestellen da bin ich auf deine Seite gestoßen und bin tief erschrocken
    was ich da lesen mußte. Ich habe mich schon sehr auf ein wiedersehen mit Dir sowie mit
    allen anderen gefreut.So geht es wenn man zu lange wartet.Leider kannst du meine Zei-
    len nicht mehr lesen.Jedenfalls möchte ich und meine Fam. Ihnen liebe Fam. Heene mein herzliches Beileid aussprechen. Sie werden sich fragen wer ich bin und woher ich Manfred kenne. Ich habe einmal für kurze Zeit in Gimmeldingen gewohnt.Das war im
    Jahre 1965 bis 1967 leider zu kurz aber es war schön und in der Zeit habe ich auch Manfred kennen gelernt.
    Liebe Grüße von Rainer Brückner

  3. Dein Schatten vermisst DICH ! sagt:

    Lieber Manfred !

    Heute sind es bereits zwei Monate, da du nicht mehr unter uns bist. Ich habe es immer noch nicht begriffen bzw. will es nicht wahr haben, dass du nie mehr hier auf Erden unter uns sein wirst. Ich denke jeden Tag an dich und vermisse dich sehr. Du warst immer gut zu mir, hast dir nicht das Maul über mich zerrissen oder mich ignoriert wie andere. Egal was war, du hast mich das nie spüren lassen und hattest immer ein nettes Wort oder ein Lächeln für mich. Wie oft hast du um die Ecke gewinkt und losgeplaudert. Deine Lebendigkeit habe ich immer sehr an dir geschätzt und bewundert, sowie deine Hilfsbereitschaft und natürlich deine Freundlichkeit. Du hättest mich nie hängen lassen. Aber genug von meinem Selbstmitleid und meiner Depristimmmung. Ich werde es schon schaffen, schon weil ich so ein tolles Vorbild wie dich haben durfte. Ein Kämpfer, einer der nicht aufgibt. Selbst als deine Krankheit immer stärker wurde, bist du weiter tapfer zur Arbeit gegangen.

    Leider kam ich nicht mehr dazu, mich für so vieles bei dir zu bedanken, weil ich dachte wir hätten noch etwas mehr Zeit. Und genau das macht mir zuschaffen, also schreibe ich es mir hier von der Seele, egal wer es noch so liest. Du hast mir viele schöne Momente in meiner Kindheit geschenkt, Manfred. Du hast mich ein bisschen mit groß gezogen und warst mir ein guter Freund, ja, manchmal sogar wie ein Vater. Dafür hätte ich mich so gerne noch persönlich bei dir bedankt und dich dafür mal gedrückt. Naja, leider kam es nicht mehr dazu, darum tue ich es nun hier auf deiner Internetseite. Auch nanntest du mich oft Schatten, weil ich in meiner Kindheit, sobald du im Garten bei der Gartenarbeit warst, angerannt kam.

    Ich bin dankbar einen so lieben Menschen über drei Jahrzehnte in meinem Leben gehabt haben zu dürfen.

    Danke für alles Manfred

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