Orakel und Mythen – die Phantasie treibt Blüten

Ich weiß gar nicht so recht wann es war, es ging um Fußball (vielleicht eine WM). In den Medien tauchte da plötzlich ein Krake als Wahrsager auf.

Nun haben wir wieder so eine Meisterschaft – der Krake ist tot (hat das Spektakel wohl nicht überstanden) aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten: Die Einen haben einen wahrsagenden Esel entdeckt, die Anderen Möwen, und wieder andere eine Elefantendame, ein Zwergotter, eine Kuh namens Yvonne, ein Flusspferd, Schwein oder was noch alles.

Ich erinnere mich gut an die Geschichte der versunkenen Stadt Rungholt. Viele Geschichten ranken um diesen Ort. Der Legende nach soll Rungholt eine reiche Stadt im Norden gewesen sei, allerdings auch ebenso gotteslästerlich: Die Bürger Rungholts riefen nämlich einst einen Pfarrer, der einem Kranken das Abendmahl reichen sollte. Stattdessen fand dieser ein betrunken gemachtes Schwein vor. Dazu wurden der Abendmahlskelch, in anderen Fassungen die Oblaten missbraucht.

Als der Pfarrer sich wehrte, wurde er verprügelt, schaffte es aber zu fliehen. Er bat Gott, die Rungholter für ihre Sünden zu bestrafen und verließ die Stadt noch in derselben Nacht. Eine furchtbare Flut brach über die Stadt herein und sie wurde vom Meer verschlungen.

Man weiß inzwischen, dass es diesen Ort gegeben hat, und man kann die „große Mandränke“ nachweisen. Es werden auch Gründe für die zerstörende Wirkung der Flut auf Rungholt genannt: Die Deiche der Stadt waren zu niedrig waren und nicht ausreichend in Stand gehalten worden. Zudem soll sich das Land damals abgesenkt haben, sodass für Rungholt bei gleichzeitig steigendem Meeresspiegel keine Chance bestand.

Die „2. grote Mandränke“ von 1634 verwüstete erneut die Landschaft. Von dem früheren „Alt-Nordstrand“ sind heute nur noch die Inseln Pellworm, die Halbinsel Nordstrand und die Halligen Nordstrandischmoor und Hamburger Hallig übrig geblieben sowie der sogenannte „Rungholtsand“. Eine Sandwattfläche, bei der es sich wahrscheinlich um Überreste des kleinen Waldes in der Nähe Rungholts handelt.

Die Geschichte passt natürlich wunderbar in die damalige Zeit, als derlei Geschichten Hochkonjunktur hatten und es immer gewisse Orte und Gegenden gab, um die Legenden und Mythen rankten.

Wir mögen über solche Geschichten von früher schmunzeln und als Hirngespinste abtun; doch so ganz weit weg sind wir auch heute nicht davon: Dieser Aberglaube um die weissagenden Tiere ist genau so ein Fall. Auch der moderne Mensch hängt offenbar immer noch Mythen nach.

P.S.: Auch Esel können irren!

Hans-Werner Kleindiek

Dieser Beitrag wurde unter Gastbeitrag, Psychologie abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.