Über die Verquickung von Politik und Wirtschaft

Wer am 17. August 2011 die Sendung „Panorama“ mit dem Titel „Rot-Grün macht Kasse“ sah, der konnte den „stillen Charme der Macht“ live erleben.

Natürlich ist es Unsinn, wenn Reporter Christoph Lütgert den Grad der Verstrickungen zwischen Politik und Wirtschaft nach Parteienzugehörigkeit zu differenzieren versucht – ganz als ob die Sozialdemokraten oder die Grünen die besseren Menschen seien und Liberale grundsätzlich korrupt.

Interessant ist hingegen der zunehmende Trend bei Ex-Politikern aller Couleur, ihren Namen nach der Politikkarriere zu versilbern. Denn von seinem Ruhegehalt als Kanzler kann Gerhard Schröder offenbar ebenso schlecht leben wie ein Joschka Fischer von dem eines Außenministers. Deshalb haben beide und viele andere Ex-Politiker inzwischen nicht so ganz nachvollziehbare „Positionen“ in Wirtschaftsunternehmen wie BMW, BP, Siemens, REWE, RWE, Gazprom – man weiß gar nicht, was die Damen und Herren dort eigentlich praktisch tun, außer ihren einst wohlklingenden Namen hinzuhängen.

Doch sollte es nicht um moralische Aufregung darüber gehen, sondern einzig darum, ob Politiker ihre Amtszeit dazu missbraucht haben, sich später gut bezahlte Positionen in der Wirtschaft zu verschaffen, in dem sie sich in ihrer aktiven Zeit gegenüber Wirtschaftsinteressen als willfährig gezeigt haben. Denn das wäre dann möglicherweise ein strafrechtliches Delikt.

Wie weit die Politikerkaste sich vom Volk entfernt hat, zeigte der Bericht hingegen wieder einmal sehr deutlich. Und dass sie sich jemals primär für den Souverän, ergo die Bürger, eingesetzt haben will, wie es ihr Amtseid von ihnen verlangt, daran mehren sich die Zweifel. Die Privilegien und Anehmlichkeiten, die fahrbereitenschwarzen Limousinen, der wohldosierte Mindestlohn, die üppigen Pensionsansprüche machte bisher auch aus dem rebellischten Jungpolitiker in Turnschuhen einen disziplierten Staatsdiener im dreiteiligen Anzug von Brioni.

Doch wenn unsere Politiker nur noch ein empfänglicher und zynischer Haufen von mehr oder weniger deutlichen Lobbyisten ist, dann ist unsere immer so hoch gelobte Demokratie in der Tat in Gefahr und droht (historisch einmal mehr) zum Selbstbedienungsladen für eine Kaste von gierigen Lebemännern und -frauen zu werden.

Aber das war schon immer so – „Pecuina non olet“, meinte vor fast genau 2000 Jahren bereits Kaiser Vespasian.

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Eine Antwort zu Über die Verquickung von Politik und Wirtschaft

  1. Jochen Voigt sagt:

    Die Republik läuft Gefahr, durch den Kapitalismus mit seiner Gier nach immer mehr Profit ausgehöhlt zu werden. Wenn es keine geschriebenen oder ungeschriebenen Regeln mehr gibt, die eine gewisse politische Hygiene und wenigstens ein bißchen Unabhängigkeit der Politik von Wirtschaftsinteressen sicherstellen, dann untergräbt das auch die politische Stabilität unserer Gesellschaft. Die ist aber unbedingt notwendig für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg.

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