Lohngerechtigkeit

Wer sich irgendwann in seinem Leben dem Studium der Wirtschaft widmet (ob jetzt BWL oder VWL), der lernt beizeiten, dass es keinen „gerechten Lohn“ gibt. Klar: der Arbeitgeber meint immer, er zahlt zu viel, und der Arbeitnehmer meint er, verdiene zu wenig.

Mir geht es dabei um etwas ganz Anderes. Das Thema bewegt mich schon Jahrzehnte und es wird mir ständig bewusster (interessiert nur offensichtlich Niemanden):

Teil 1:

Die Rentenzahlung basierte immer auf dem Prinzip der Generationen – eine sehr gute Idee, die leider heute nicht mehr funktioniert, weil es zu wenig Kinder gibt (wir müssen diesen Beitrag anderen Menschen überlassen – wir haben uns aus diesem Thema verabschiedet). Dennoch kann man nicht umhin zu erkennen, dass unser gesamtes System des Lebens und Überlebens auf einer gewissen Solidarität aufbaut. Ohne die Einhaltung dieses Prinzips geht unsere Gesellschaft langsam aber stetig vor die Hunde; denn heute ist sich offenbar jeder selbst der Nächste.

Teil 2:

Wir sind Lichtjahre von einer Lohngerechtigkeit entfernt. Das System bringt es wohl mit sich, und die Gewerkschaften kämpfen ganz entscheidend für die Einhaltung dieses Systems. Die Bezahlung der menschlichen Arbeit hängt stark von der Branche ab, auch wenn viele Menschen dieselbe Tätigkeit ausüben. Dabei kommen viele Arbeitnehmer sehr schlecht weg; denn Sie werden zwar dringend und zunehmend gebraucht, gehören jedoch der falschen Branche an.

Natürlich basiert der Grundgedanke der Gewerkschaften auf einer richtigen und positiven Grundeinstellung (seit der Gründung) – die Erfindung war grundsätzlich richtig und notwendig; doch hat sich dieses System seit Jahrzehnten abgeschliffen und abgenutzt. Man dreht sich im Kreise und kümmert sich nur noch um sich selbst. Man ist weit abgerückt von den entscheidenden Gedanken der Gründerväter und man befindet sich schon lange nicht mehr auf Augenhöhe mit denen, die man eigentlich vertreten soll.

Teil 3:

Da gibt es zum Beispiel die Branchen der Chemie, Maschinen und Stahl, Kfz, die schwimmen ganz oben, andere Arbeitnehmer, die genau dieselben Tätigkeiten ausüben, erhalten dafür viel weniger Geld (weil sie der falschen Branche, besser gesagt, einer anderen Branche) angehören – Pech gehabt.

Dann gibt es aber noch diejenigen, die wir alle brauchen, die aber noch schlechter bezahlt werden. Sie haben keine Lobby – sie werden von der Gesellschaft (sprich von uns allen) einfach nur ausgenutzt – und alle sehen tatenlos zu. Ich meine die Pflegeberufe und die der Erzieher/innen in den Kindergärten (um zwei Beispiele besonders herauszunehmen).

Gerade die Arbeit in den Pflegeheimen ist extrem hart und schwer – gut vergleichbar mit der körperlichen Arbeit in anderen Branchen. Diese Arbeitnehmer/innen werden allerdings mit einem Almosen abgespeist und müssen dafür körperlich und psychisch hart arbeiten . Komisch ist nur, dass wir alle (wenn wir in die Situation der Unterbringung kommen) horrende Summen zahlen müssen – die Gelder müssen doch irgendwo bleiben?

Teil 4:

Unser ganzes Leben baut auf dem Prinzip der Solidarität auf. Ohne dieses Prinzip kann es nicht funktionieren – genau darum brechen bestimmte Aufgaben und Lebensqualitäten immer mehr weg. Wer will schon die Arbeit von Pflegern/innen ausüben? Alte Menschen betreuen, sich kümmern, freundlich sein und liebevoll mit ihnen umgehen – das geht schon mal gar nicht; denn über jede Handreichung muss minutiös Buch geführt werden. Die Bürokratie steht über der Menschlichkeit. Auch wir kommen schneller in die Situation, diese Menschen zu brauchen, als uns in Wirklichkeit lieb ist. Dann erwarten wir alles von diesen Pflegern/innen trotz einer ganz bescheidenen Bezahlung (sprich: Anerkennung für die aufopfernde Leistung). Das kann so nicht funktionieren. Schon lange wird händeringend Nachwuchs in diesen Berufen gesucht – doch bei der Bezahlung, Arbeitszeit und Belastung? Wir bauen auf ausländisches Personal, das eigentlich niemand will; aber es geht wohl nicht ohne – wir schön, dass es jetzt ein neues Gesetzt gibt und wir Arbeitskräfte aus dem Osten Europas erwarten dürfen (wie formulierte es kürzlich ein/e Unternehmer/in: „Dann bekommen wir endlich für 600,–€ genügend Vollzeitkräfte“ – das ist so entsetzlich peinlich …

Teil 5:

Wo ist eine Lösung? Es ist eigentlich ganz einfach – das Prinzip der Solidarität – wir alle müssen einen Topf mit Geldern füllen, die diesen Arbeitskräften zu einer würdigen und angemessenen Bezahlung verhelfen! Das müssen endlich auch einmal die Gewerkschaften begreifen. Sie haben eine höhere Verantwortung als die, die sie seit Jahrzehnten wahrnehmen. Immer weniger Arbeit und immer höhere Löhne (für ganz bestimmte Branchen). Wenn also ein neuer Tarif ausgehandelt wird, dann doch bitte unter Berücksichtigung eines angemessenen Beitrags für diese Berufe.

Dieser Topf ließe sich schnell füllen. Das betrifft dann natürlich alle Abschlüsse mit abgestuften Prozentsätzen. Wohlgemerkt, wir alle brauchen diese Menschen – auch wenn einige dieses Thema sicher aus eigener Tasche locker bezahlen können (natürlich ebenfalls zu den günstigsten Tarifen oder mit einer Polin, denn auch hier muss noch gespart werden). Hinzu kommen dann noch die Millionäre aus dem sportlichen Bereich. Im Bereich des Menschenhandels, bei dem es eher um 7stellige Beträge und mehr geht, darf doch wohl gerne mal 1% für die Humanität abfallen. Auch diese Menschen werden älter.

Teil 6:

Ich weiß sehr wohl, dass ich mit diesen Zeilen provoziere und ein ganz heißes Eisen anfasse; doch irgendwie müssen wir alle kapieren, dass es um unseren letzten Lebensabschnitt geht, um ein würdiges Leben im Alter und um eine würdige und angemessene Behandlung der Menschen, die sich dann um uns kümmern.

Natürlich weiß ich auch, dass es noch mehr Menschen gibt, die schlecht bezahlt werden und auf Kosten von uns allen sehen müssen, wie sie klar kommen. Doch auch diese Menschen, die schon heute eher im Schatten der Gesellschaft stehen, werden älter.

Wir alle müssen endlich begreifen, dass unsere Gesellschaft so nicht mehr weiter leben kann. Wir alle sind aufeinander angewiesen, und das nicht nur im Bereich der Renten- oder Krankenkassen.

Es wäre natürlich ebenfalls eine legitime Frage darüber nachzudenken, ob man nicht den heutigen Solidaritätsbeitrag zur Hälfte in diesen Topf fließen lassen könnte. Das von mir angeschnittene Thema betrifft auch die Bürger/innen in den neuen Bundesländern.

Es wäre ein Segen, wenn sich die gesamte Bevölkerung dieses Thema zu eigen machen würde. Darüber hinaus gibt es einige Banker, Wirtschaftsbosse und andere Höchstverdiener, die sich nicht nur monatlich völlig überzogene Gehälter genehmigen, sondern Zusatzzahlungen in kaum vorstellbaren Größenordnungen in die Taschen stecken. Sie brauchen sich über dieses Thema keine Sorgen machen, denn sie zahlen die Beiträge aus der Portokasse (wahrscheinlich mit Hilfskräften aus dem Ostblock – man muss ja sparen); dennoch tragen auch sie ein Höchstmaß an Verantwortung für die Gesellschaft und könnten den Topf ganz schnell sehr wirksam auffüllen. Das wäre doch ein bemerkenswertes Signal!

Dieser Beitrag wurde unter Gastbeitrag, Gesellschaft abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.