Hans im Glück – ein glücklicher Mensch?

Das Märchen von „Hans im Glück“ (Gebrüder Grimm) ist zeitlos. Glücklich ist demnach, wer nicht an irdischen Gütern hängt.

Wir erinnern uns: Hans bekommt einen Klumpen Gold als Lohn und macht sich auf den Weg. Schwer an dem Klumpen tragend, trifft er einen Reiter und tauscht sein Gold gegen das Pferd ein. Das Pferd aber wirft Hans ab, und so ist er froh, es gegen eine Kuh zu tauschen, die ein vorbeikommender Bauer vor sich her treibt. Dann kommt ein Metzger vorbei, und Hans tauscht die unergiebige Kuh gegen dessen Schwein. Ein Weilchen begleitet ihn nun ein junger Bursch mit einer Gans. Der erzählt ihm, das Schwein könnte gestohlen sein, nach dem Dieb würde schon gesucht. Auf Hans‘ Bitten tauscht der Bursche seine Gans gegen das Schwein. Als nächstes begegnet Hans einem Scherenschleifer, der ihm rät, auch ein Schleifer zu werden, damit könnte man viel Geld verdienen. So tauscht Hans seine Gans gegen einen Wetzstein und einen Stein zum Klopfen. Bald wird er durstig und legt seine Steine auf den Rand eines Brunnens. Als er sich hinabbeugt, um zu trinken, stößt er versehentlich an die Steine, die daraufhin in den Brunnen fallen. Da dankt er Gott mit Tränen in den Augen: Die schweren Steine waren das letzte, was ihm noch hinderlich gewesen ist. Frei von aller Last und glücklich kommt er heim zu seiner Mutter.

Gerade wieder hat ein Studie an der Universität Lüttich erwiesen, dass persönlicher Wohlstand (Geld, Reichtum) und die Fähigkeit zum Genuss schöner Dinge oder positiver Emotionen negativ korrelieren (SZ 2./3. Juni 2010: „Reich und gelangweilt“).

Bereits vor einigen Jahren hatte sich Freund P. von seinen Mitgesellschaftern und hernach durch den Verkauf einer Geschäftseinheit von einer Vielzahl seiner Mitarbeiter getrennt – und war erleichtert.

Wenige Jahre später trennte er sich von seiner Frau, verkaufte sein Privathaus und löste damit Bankkredite ab – und war des Lebens froh.

Nun hat er weitere Teile des produzierenden Betriebs eingestellt, die Maschinen verkauft und weitere Mitarbeiter entlassen – und preist das Leben.

Eine neue, wesentlich jüngere Lebensgefährtin hat er inzwischen auch – und erlebt mit ihr einen zweiten Frühling.

Auch ein leichter Schlaganfall hat seinen lebensbejahenden Optimismus nicht brechen können – er fühlt sich wie verjüngt.

Seinen erst vor kurzen erworbenen Verlag lässt er plötzlich tatenlos verkümmern.

Es scheint, P. lässt nun bald alles schleifen.

Doch: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen „, schrieb Albert Camus im Jahre 1942 am Ende seines weltberühmten Essays.

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