Depressionen

Angesichts der derzeit umfassenden öffentlichen Erörterung des Themas „Depression“ (wie heißt die „Saure-Gurken-Zeit“ eigentlich im Herbst?) will der Z(w)eitgeist nicht zurückstehen und seine Meinung auch zu diesem Thema kundtun.

Man kann ohne Zweifel objektiv oder subjektiv an der Welt verzweifeln. Oftmals sind diejenigen, die die meisten objektiven Zweifel an der Welt hegen könnten, subjektiv durchaus glücklich, wie zumindest Studien immer wieder verblüffend zeigen wollen und vermutlich sollen – immer nach dem Motto „arm aber dennoch glücklich“ bzw. „uns geht’s ja noch gold!“ Immerhin beruhigend für die Armen dieser Erde, zu wissen, dass die Reichen auch nicht glücklicher sind – satt werden sie davon gleichwohl auch nicht.

Ohne hier auf die klinischen Unterschiede verschiedener Depressionen (lat. deprimere „niederdrücken“) eingehen zu wollen, darf jedoch festgestellt werden, dass Niedergeschlagenheit und Traurigkeit grundsätzlich zum menschlichen Leben gehören wie der Regen nach dem Sonnenschein. Doch ab welchem Moment man genau von einer Depression sprechen kann, darüber scheiden sich die Geister.

Gerne malen Pharmaindustrie, Psychologen und Ärzte bereits dunkle Wolken an den Himmel, wenn der Betroffene selbst im Traume nicht vermuten würde, er sei depressiv. Ohne verharmlosen zu wollen, auch wer einen zu hohen Cholestrinspiegel, Blutdruck oder Alkoholkonsum hat, darüber entscheiden jene Vorgenannten gerne autokratisch. Immerhin wurde bereits im Jahre 1989 „Das Zeitalter der Depression“ ausgerufen (Klerman, Weissman Increasing rates of depression).

Dabei sind Stimmungsschwankungen normal, weil natürlich. Kein Licht ohne Schatten. Gäbe es die dunkle Seite nicht, könnten wir vermutlich die hellen Seiten nicht genießen. Im Laufe eines 24-Stunden-Zyklus durchläuft der Menschen enorme hormonelle Schwankungen. In der „Stundes des Wolfs“, jener Zeit gegen 4:00 Uhr morgens sind wir auf dem Tiefpunkt. Jeder noch so kleine Gedanke erscheint bedrohlich. Dabei gilt oft: „Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Vorstellung von den Dingen.“ (Epiktet).

Als nächst größerer Rhythmus sei der Menstruationszyklus der Frauen mit bösen Stimmungsschwankungen benannt, was u .a. derBegriff der „PMS“ (prämenstruelles Syndom) verdeutlichen will. Oder denken wir weiter an den Jahresreigen, mit dem alles Leben erweckenden Frühling und dem grauen, an der Allgemeinstimmung zerrenden November.

Von der Depression zu unterscheiden, doch oft mit ihr im Zusammenhang stehend sind Begriff und Tatsache der „Sorge“ sowie Begriff und Tatsache der „Angst“ – deren Zusammenhänge herzustellen diesen Beitrag sprengen würde.

Körperliche Tätigkeiten in freier Natur wie Rasen mähen oder Laub harken helfen übrigens bei leichten Verstimmungen: „Go man glieks anne arbeid, dan feelt di ook niks!“, sagte die Oma von Tante Leni immer zu eben dieser, wenn sie mal „n Moralischen“ hatte.

Damit kein Missverständnis entsteht:
a) Die klinisch erkannte Depression ist eine ohne Einschränkung zu behandelnde Krankheit, die ernst zu nehmen ist, weil sie im schlimmsten Fall mit dem verzweifelten Freitod enden kann. Doch genau so wenig wie jemand, der abends sein Feierabendbierchen trinkt, gleich ein Alkoholiker sein muss, sollte eine temporäre Missstimmung nicht mit einer Depression gleichgesetzt werden.
b) Objektive wie subjektive Gründe, deprimiert zu sein, gibt es jeden Tag wieder. Aber in den meisten Fällen wird es nach einer dunklen Nacht wieder hell, scheint die Sonne nach tagelangem Regen wieder, wird es Frühjahr nach langem, kalten Winter, hat der Chef auch mal wieder gute Laune, schreiben die Kinder auch mal gute Zensuren, ist der November vorbei.

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Eine Antwort zu Depressionen

  1. Enrico sagt:

    Mir fehlt der Knopf zum "positiv bewerten" – den hätte ich jetzt gedrück!

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