Markenbewusst oder Abziehbild?

Noch nie haben die Deutschen angeblich so viel Geld zu Weihnachten ausgegeben wie dieses Jahr. Kein Wunder, denn bei der von der Europäischen Zentralbank gesteuerten Zinspolitik verliert das vom Munde abgesparte Geld zur Zeit etwa zwei Prozent an Wert. Da gibt man es doch lieber gleich aus – und genau das ist der Sinn der Zinspolitik: Die Wirtschaft floriert.

Oft kaufen Kunden dabei nicht einfach ein Produkt, sondern ein „Markenprodukt“. Doch was haben sie davon? Eine Marke sticht aus dem wettbewerblichen Umfeld hervor. Marken haben die Funktion, etwas an sich Vergleichbares – zu einem früher vorhandenen tauschentscheidenden Wissen und Vertrauen zur Qualität der Arbeit des Nachbarn – in anonymen Märkten mit anonymen Unternehmen als etwas Besonderes zu erzeugen.

Marken sind geschaffen worden, um Einmaligkeit und Exklusivität zu suggerieren. Jeder Mensch will etwas Besonderes sein, eben ein „Individuum“. Und Individuen brauchen individuelle Ausstattungsmerkmale.

Noch unklar ist, wie Sympathie für eine Marke überhaupt entsteht. Eine Marke zeichnet sich durch Qualitätsunterschiede oder durch Unterschiede im emotionalen Erleben der Kunden aus. Der Markenname schmeichelt dem Besitzer. Er muss sich mit der Marke schmücken können. Eine Marke hat immer Außenwirkung.

Das setzt voraus, dass der Mensch von einem Produkt überzeugt sein muss und sicher sein kann, dass auch alle anderen um ihn herum um die Bedeutung der Marke wissen. In diesem Sinne leistet eine Marke für den Kunden einen Mehrwert und bietet ihm dadurch einen höheren (psychologischen) Nutzen.

Ein Produkt ist ein Funktionsmittel, eine Marke ein Profilierungsmittel. Die Funktion des Produkts tritt bei einer Marke hinter deren Wertschätzung zurück. Höhere Wertschätzung bedeutet gleichzeitig höhere Wertschöpfung. Voraussetzung ist jedoch, dass die Marktleistung stimmt.

Dabei lebt die Marke weniger vom Produkt, sondern vielmehr davon, was mit der Marke assoziiert wird. Der Unterschied zwischen dem Produkt und der Marke liegt einzig im Kopf bzw. Bauch des Kunden. Es geht um den emotionalen Mehrwert.

Hier spielt die geschickte Inszenierung und Kommunikation eine bedeutende Rolle. Mit einer Marke lässt sich demonstrieren, was für ein Selbstbild man von sich hat oder besser: was für ein Fremdbild man sich wünschen würde. Unternehmen müssen die aktivierte Hoffnung auf Zukunft und seine Visionen darstellen.

Dass (auch) der Markenbewusste zum Abziehbild („template“) wird und quasi als Replikant durch die Welt läuft, das ist nur den Wenigsten bewusst.

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