Ich-Konzepte

Die Suche nach der Identität ist alt. Bereits in Homers „Odyssee“ wurde die Antwort auf die Frage gesucht, wie die Herstellung einer Identität möglich sei. Das Thema hat an Aktualität nichts verloren. Der postmodernen Welt scheint jedoch ein Wertesystem, in dem ein Individuum sich zurechtfinden kann, abhanden gekommen zu sein.

In seinen ersten Lebensmonaten erfährt ein Neugeborenes, dass es von Dingen und anderen Menschen unterschieden ist. Es entwickelt ein erstes Bewusstsein von den eigenen Körpergrenzen und Selbstgefühlen. In den folgenden vier Lebensjahren lernt ein Kind die Frage ‚Wer bin ich?‘ zu beantworten und somit sein Selbstbewusstsein auch inhaltlich zu füllen.

Der Erfolgsautor Richard Precht titelt gar: „Wer bin ich, und wenn ja wie viele?“ und behauptet in seinem Buch, dass der Mensch nicht ein „Ich“ habe, sondern viele:

„Viele Hirnforscher neigen dabei der Ansicht zu, dass es nicht ein Ich gibt, sondern viele verschiedene Ich-Zustände: mein Körper-Ich sorgt dafür, dass ich weiß, dass der Körper, mit dem ich lebe, tatsächlich mein eigener Körper ist; mein Verortungs-Ich sagt mir, wo ich gerade bin; mein perspektivisches Ich vermittelt mir, dass ich der Mittelpunkt der von mir erfahrenen Welt bin; mein Ich als Erlebnissubjekt sagt mir, dass meine Sinneseindrücke und Gefühle tatsächlich meine eigenen sind und nicht etwa die von anderen; mein Autorschafts- und Kontroll-Ich macht mir klar, dass ich derjenige bin, der meine Gedanken und meine Handlungen zu verantworten hat, mein autobiografisches Ich sorgt dafür, dass ich nicht aus meinem eigenen Film falle, dass ich mich durchgängig als ein und derselbe erlebe; mein selbstreflexives Ich ermöglicht mir, über mich selbst nachzudenken und das psychologische Spiel von „I“ and „Me“ zu spielen; das moralische Ich schließlich bildet so etwas wie mein Gewissen, das mir sagt, was gut und was schlecht ist.“

Auch Konstantin Wecker schreibt in seinem Buch „Die Kunst des Scheiterns„:

„Wir bauen uns im Laufe unseres Lebens, wie Kinder ihre Sandburgen, immer wieder eine Festung aus Teilwahrheiten und Lügen, die wir begeistert „Ich“ nennen. Nicht ahnend, dass Heerscharen verschiedener, sich oft widersprechender Ichs als wackere , untereinander verfeindete Soladten in unserer Festung hausen, jeder Einzelne bereit, erbittert für seine Überzeugung zu kämpfen und den anderen abzuschlachten.“

Bereits Sigmund Freud schockierte seine Umgebung mit der Behauptung: „Der Mensch ist nicht Herr seiner selbst.“ Laut Freud beherrschen drei Mächte nämlich den Menschen:

  • Das ICH – es stellt die bewußte Vernunft- und Entscheidungsebene dar
  • Das ÜBER-ICH – repräsentiert die gesellschaftlich-kulturelle Ebene
  • Das lustbetonte ES

Kollege Paul Rentsch unterscheidet bei seiner Führungslehre auch verschiedene Typen, die er der Ordnung halber mit Farben versieht

Die Verwirrung ist groß – wer bin ich bloß?!

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