Kalt erwischt

Kalt war der Blick der Bratwurst-Verkäuferin des Schaustellerbetriebs Fortmann , verkniffen ihr Mund. Kein Wort der Begrüßung, keine Frage nach dem Begehren.

Nur dieses Hochziehen des Kopfes von unten nach oben. Eine uralte Geste aus einer Zeit, da die Menschen noch in Höhlen hausten. Sie will sagen: „Komm her, wenn Du mutig genug bist, Dir von mir einen über den Schädel hauen zu lassen!“

Drei Bratwürste, bitte!“ antwortet ich dennoch furchtlos und höflich. Wortlos werden drei Würste vom Rost auf Pappteller gelegt und von dort auf den Tresen verfrachtet. „Sechseuro“, kommt es zwischen gepressten Lippen hervor. Geld wechselt den Besitzer. Auch jetzt kein Dank, kein Wort, nichts. Nur dieser kalte Blick.

Ich habe den Mut dennoch nicht verloren. „Kann ich für meine kleine Tochter anstatt Senf bitte Catchup haben? Ihr ist der Senf zu scharf!“ – „Dreißig Cent!“, kommt es postwendend und einmal mehr gepresst zwischen den Lippen heraus – ohne Anstalten in Richtung Catchupeimer zu machen. Dieser kalte Mund kann offensichtlich nur Zahlen ausspucken – oder dieses Wesen hat doch so viel Intelligenz, dass es weiß, was jetzt kommt: „Nein, Danke, dann isst sie die Wurst eben so!“ Der Senf ist offenbar gratis bei einer Bratwurst,  Catchup hingegen nicht.

Hinter dem Bratwurststand steht ein nietennagelneuer riesiger Geländewagen. Sechszylinder Turbodiesel, Ledersitze, alles vom Feinsten. Der Weiterverkauf von portionsweisem Catchup lohnt sich offenbar.

Doch der kalte Blick lässt mich nicht los. Auch diese Kopfhochziehgeste nicht. Ich habe ein ausgesprochen schlechtes Gefühl. Ich weiß auch warum. Jahrzehntelang sind wir in Deutschland so bedient worden. Ein Akt der Gnade, überhaupt etwas verkauft zu bekommen.

Für die Zukunft warne ich jedoch solche „Verkäufer“: Ich habe die Nase von primitiven Urmenschen voll! Beim nächsten Mal nehme ich die Herausforderung an – und hole selber die (verbale) Keule raus!

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