Henning Scherf – „Grau ist bunt“

Wer sich schon mal mit dem Thema seines fortschreitenden Alters befasst hat, stolpert automatisch über den Bereich des zukünftigen Wohnens und trifft wahrscheinlich auf das Buch (mit oben genanntem Titel) von Henning Scherf (und sollte es dann auch lesen).

Nun, ich war in der glücklichen Situation, Henning Scherf zu diesem Thema am 10. Januar d. J. persönlich erleben zu dürfen. Die Räumlichkeit im Pfarrzentrum war prall gefüllt – offensichtlich ein wichtiges Thema. Es fiel auf, dass Henning Scherf jeden Besucher persönlich mit Handschlag und den Glückwünschen für das neue Jahr begrüßte. Beeindruckend und sehr sympathisch, wie ich meine – eine mögliche Distanz war damit von Beginn an ausgeräumt.

Er stieg dann auch sofort und ohne große Umschweife in die Thematik ein (die jetzt im Detail nicht Schwerpunkt dieser Zeilen sein soll – jede/r möge für sich entscheiden das Buch zu kaufen und zu lesen, oder andere Werke zu diesem Thema – auch das Internet bietet reichlich Möglichkeit, sich hierüber schlau zu machen und den Stoff zu vertiefen). Henning Scherf ist nicht nur ein sehr guter Redner, er ist ebenso ein begnadeter Erzähler, der die Zuhörer/innen mit vielen kleinen Beispielen in dieses sehr breite und umfassende Thema mit nahm.

Man war schnell geneigt zu sagen: na ja, so ein gut betuchter Politiker mit ebensolcher Familie und solidem Fundament, das kann doch jeder…………. doch was ist mit den Menschen aus eher bescheidenen Verhältnissen und geringen finanziellen Mitteln? Auch dieses Thema wurde nicht ausgespart, und er forderte immer wieder auf Fragen zu stellen, um so mit den anwesenden Menschen ins Gespräch zu kommen. Er wollte nicht der Vortragende und Alleinunterhalter sein, er wollte die Menschen einbeziehen und sie parktisch mitnehmen in diese Welt der anderen Art zu wohnen und seinen Lebensabend zu erleben.

Also wurde das finanzielle Thema natürlich angesprochen, genauso wie die Altersstruktur der Wohngemeinschaft bis zum Thema Krankheit, schwere oder gar tödliche Krankheit und hin zum Sterben. Die Interessierten sparten keinen Bereich aus, und so war es in der Tat ein ausgesprochen spannender Abend. Sehr einfühlsam ging Henning Scherf gerade auch auf die Problematik der Krankheit bis hin zum Tod ein; denn auch diese Erfahrung hat diese Wohngemeinschaft hautnah erlebt und durchlebt. Immerhin waren die Bewohner zu Beginn alle noch berufstätig und mussten sich in dem Fall organisieren bis hin zur 24 Stundenbetreuung. Alle haben mit gemacht (wie auch bei allen anderen heran stehenden Fragen); denn nur dann funktioniert so ein Modell.

Schließlich wurde auch die Zukunft angesprochen und allen wurde klar, dass diese Gemeinschaft kein Thema aussparen darf und rechtzeitig und im Einvernehmen Lösungen finden muss. Sehr interessant war von Anfang an auch die Erkenntnis, dass von allen Mitbewohnern die gesamten Familien einbezogen waren (Kinder und Enkelkinder – Freunde und Bekannte; denn nicht alle Bewohner sind Ehepaare).

Ein Thema, das Aufmerksamkeit auf breiter Ebene verlangt; denn Seniorenheime auf der grünen Wiese, mit hunderten Betroffenen und wenigen Pflegerinnen und Pflegern, die nur auf den Profit gieriger Investoren aus sind, werden niemals die Lösung sein können. Mehrere Generationen in dem Haus mit vielen gemeinsamen Aktivitäten und der Toleranz, die/den Andere/n so zu akzeptieren wie sie/er ist muss kein Wunschtraum sein, wie der Abend bewiesen hat. Dieses Modell ist nicht mit der Brechstange zu erreichen, verlangt sehr viel Weitblick und darf keine Tabus kennen. So eine Gemeinschaft bringt sicher hier und da Verzicht und radikale Umstellung mit sich; doch am Ende erntet das vorgestellte Beispiel von Henning Scherf große Zufriedenheit und den Aufbruch zu neuen Ufern. Jede und jeder muss für sich entscheiden, ob der Schritt zu wagen ist und man sich darauf einlassen will; doch allein im stillen Kämmerlein oder in einer riesigen Luxusvilla (in der letztlich nur 2 Zimmer bewohnt sind) kann nicht die Lösung und Erfüllung sein.

Eine überaus gelungene Veranstaltung, bei der es Henning Scherf sehr einfühlsam und dennoch ernsthaft gelang, dem Interessierten auf Augenhöhe zu begegnen. Der bei allem Respekt niemals überheblich wirkte, sondern optimistisch und mit großer Überzeugung zeigte, das diese Form des Zusammenlebens mit mehreren Generationen eine Chance für die Zukunft darstellt. Der nicht nur „heile Welt“ vorgaukelte, sondern sehr deutlich auch die Schwierigkeiten und Hürden aufzeigte, die es zu überwinden galt und weiter gelten wird. Man muss sich diesem Thema durchaus kritisch stellen, was sicher auch für die Art solcher Veranstaltungen gilt; denn ob, wann und wie jede und jeder die Kurve zu so einem Einstieg schafft, kann man nur für sich fällen. Mit einem Mann wie Henning Scherf kommt man der Entscheidung vielleicht ein Stückchen näher; denn man glaubt ihm, was er zu sagen hat.

Hans-Werner Kleindiek

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