Fitness – bis zum Umfallen

Neulich, als ich aus dem Baumarkt kam, drängte sich eine barsche Stimme im lauten Befehlston von irgendwoher durch die abendliche Stille in meinen Gehörgang: „Und eins, und zwei und drei und hopp, und hopp, und hopp!“

Nachdem ich die Vorstellung einer drallen Domina in schwarzer Latexwäsche, die eine Horde schwitzender Herren mit Hundehalsbändern einpeitscht, als für diesen Ort und diese Zeit als absurd verdrängt hatte, wurde mir langsam klar, dass hier vielmehr in einer Fitnessanstalt mittels moderner Exerzitien der innere Schweinehund  systematisch ausgetrieben wurde!

Dabei schienen Masochismus und Sadismus eine perfekte Symbiose einzugehen. Fitness, das ist eine ernsthafte Angelegenheit und nicht zum Lachen! Glauben Sie auch ja nicht, dass Sie so einfach in ein Fitness-Studio rennen können und dort sofort etwas für Ihre Vitalität tun können. Erstmal müssen Sie sich umfangreicher Tests unterziehen. Ein IPN-Test (Institut für Prävention und Nachsorge), ein BCA-Test („body composition analyser“) und eine Kraft- und Funktionsanalyse bzw. ein Kardio-Check unter ärztlicher Aufsicht sind das Mindeste! Das ist beruhigend, denn wenn es trotzdem mal schief gehen sollte, ist sofortige Reanimation gewährleistet. Natürlich sind das alles kostenpflichtige Leistungen, die Sie bitte selber tragen. Ihre Kasse macht da wohl nicht mit.

Haben Sie diese Prozeduren und Investitionen in Ihre Gesundheit hinter sich gebracht und durch einen Wesenstest bewiesen, dass Sie sich in den Fitnessarealen unangeleint aufhalten dürfen, dann glauben Sie ja nicht, dass Sie da zum Beispiel so einfach was für Ihren Rücken tun dürfen. Nein, wenn, dann muss natürlich die gesamte Fitness verbessert und alle Fitnessstationen im Laufe der Zeit „durchlaufen“ werden. Dass das Ganze dann mindestens ein Jahr dauert, das freut den Betreiber.

Vielleicht gehen Sie alternativ einfach mal im Wald spazieren. Jedenfalls solange, bis das keine Abgaben oder Gebühren kostet. Und für die eingesparten Kosten eines Jahres wäre auch locker ein hochwertiges Radl drin, solange man dafür nicht auch erst probeweise mit Kardio-Check auf die Rolle muss beim Fahrradhändler.

„Es gibt Menschen, die leben überhaupt nicht mehr richtig, die leben nur noch vorbeugend und sterben dann gesund, aber auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot.“ (Manfred Lütz)

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2 Antworten zu Fitness – bis zum Umfallen

  1. Hans-Werner Kleindiek sagt:

    moin, moin Herr Heidtmann,

    was Ihnen so alles begegnet – sogar auf dem Weg zwischen Baumarkt und Heimweg :-)))
    doch es ist schon wahr – wenn man beobachtet, wie praktisch an jeder Ecke ein „Fitnesstempel“ aus dem Boden gestampft wird –
    und dann hocken sie da – auf dem Fahrrad und strampeln sich in einem wohltemperierten Innenraum einen ab – oder auf dem Laufband – ich bin jedes Mal fasziniert und sehr schockiert über diese Einstellung –
    wenn ich mir überlege (und da bin ich wieder einmal völlig bei Ihnen (wie komisch)), dass ich täglich morgens in der Natur laufe (20 – 30 Minuten je nach Weg – und sonntags 1 1/2 Stunden) – für umsonst – an der morgentlichen, frischen Luft (je nach Witterung natürlich auch nass oder kalt – aber da kann man immerhin Vorsorge treffen) – da käme ich doch nie auf die Idee, so etwas im geschlossenen Raum zu tun – ich kann die Kombination auch nicht nachvollziehen – was hat das, dass ich für teures Geld in eine Halle gehe und Dinge tue, die ich in der Natur viel effizienter (nach meiner Meinung) und kostenlos haben kann? – und, es ist morgens wirklich wunderschön in der Natur (je nach Jahreszeit natürlich anders; doch alles hat seinen Reiz) – und dann die wahnsinnige Stille – ein segen für Geist und Körper –
    ich wage zu behaupten, dass die Naturvariante für meine Gesundheit besser ist; denn wenn ich es täglich tue, gleich bei welcher Witterung (mein Körper also dran gewöhnt ist), dann härte ich meinen ganzen Organismus wohltuend ab und bin nicht so anfällig –
    eines sei noch erklärt: natürlich rase ich nicht durch die Gegend (ich bin ja nicht bei der Olympiade und muss mir nichts beweisen) – schön im Sauerstoffüberschuss meinem Puls und Herzrythmus angepasst – mir scheint, die Herrschaften in den „Muckibuden“ haben eine andere Zielsetzung – oder hat irgendjemand eine plausible Erklärung für solches Handeln?

    herzliche Grüße
    Hans-Werner Kleindiek

  2. Dieter Osmers sagt:

    Diese Aussagen könnten auch von mir sein.
    Besonders absurd finde ich, wenn Besucher von „Fitnesstempeln“ mit ihrem heiß geliebten Auto zum F.-Studio fahren um sich dort schweisstreibend auf einem „falschen“ Fahrrad abzustrampeln. Der Kilometerzähler zeigt anschliessend an, wie viele Kilometer sie in der Zeit auf einem echten Fahrrad zurückgelegt hätten.
    Danach gehts dann wieder gemütlich mit der Limousine zurück nach Hause.
    Ich glaube bei den Besuchern von solchen „Fitnesstempeln“ spielt auch ein gewisser Narzissmus eine Rolle. Man will sein tolles Fitnessoutfit oder seinen trainierten Körper zur Schau stellen. Die Sportbekleidungsindustrie bietet da ja einiges.
    Bei einer Radtour in freier Natur, womöglich noch in Regenkleidung, wird man doch garnicht wahrgenommen.

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