An einem Sonntagmorgen ohne Tageszeitung

Spätestens seit Überschreiten der Schallmauer 50 fällt es mir zunehmend schwerer, morgens „bis in die Puppen zu schlafen“. Da stehe ich dann lieber auf, statt mich im Bett zu wälzen und lese in Ruhe die Zeitung – den „Weser Kurier“ in unserem Falle. Der kommt auch sonntags. In den letzten Wochen leider viel später als gewohnt. Ich habe zweimal reklamiert. Bisher keine Besserung.

So blicke ich heute Morgen um 7:30 h mit wenig Hoffnung in den Briefkasten: Die dunkle Vorahnung wird bestätigt („self-fulfilling prophecy“?) : Keine Zeitung!

Na, dann lesen wir halt die Samstagsausgabe des „Weser Kurier“ noch einmal durch. Manchmal entdeckt man ja einen Artikel, der im Nachhinein lesenswert ist – obwohl der „Weser Kurier“ wenig Anlass für diese Annahme bietet und mit überregionalen deutschen Tageszeitungen in keiner Weise mithalten kann – noch weniger, seitdem man viele fest angestellte und tariflich zu bezahlende Kollegen zum Teil offenbar durch einen „Pressedienst Nord“ ersetzt hat, bei dem sich schwach bezahlte – und daher wohl auch schwache schreibende – Kollegen der schreibenden Zunft dünne Reportagen aus der Feder ringen.

Doch auch die Tarif-Redakteure werden imho scheinbar immer einfallsloser, allen voran der Kulturredakteur, der in seiner Kolumne „Papierstau“ unglaublich banales und teilweise wirres Zeug über seinen offensichtlich ausschließlich „Veuve Clicquot“ schlürfenden Wochenendbesuch zusammenschreibt oder über das Ebenbild der jüngeren Schwester von Audrey Hepburn, die bei der „FAZ“ für Kultur steht. Wann wird der Verleger diesem Treiben ein Ende setzen?

Um 8:00 h sind wir mit der Nachlektüre fertig. Weiterhin kein Sonntagsblatt. Was nun? Die „FAZ“ vom Samstag lesen geht nicht, weil die Post offenbar die Zustellung am Samstag hat ausfallen lassen. Vermutlich kam man mit dem Schnee nicht zurecht. Kein Wunder, „post“ kommt ja aus dem Lateinischen und bedeutet „nach“ oder „spät“.

Na, dann lesen wir halt die „ZEIT“, der sonst der Sonntagnachmittag reserviert ist, seit 35 Jahren durchgehend abonniert und meist sehr erbaulich, aber eben gerade deshalb für den Küchentisch nicht adäquat. Nach ungehaltenen 45 Minuten haben wir nur einmal bei einem Artikel von Gerhard Roth über neue Erkenntnisse der Hirnforschung innegehalten und sind über den Rest dahin gehudelt.

Kurz vor 9:00 h. Nun ist er da, der „Sonntagskurier“. Meine Frau auch. Wir sind „kuriert“.

Sechs Stunden später. Ich kann mich an keinen einzigen Beitrag aus dem „Sonntagskurier“ mehr erinnern. Liegt das nun am „Sonntagskurier“ oder an meinem Lebensalter?

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