Mein Freund W. zum Beispiel

Kennen Sie das? Man verlässt die Stadt, zieht aufs Land, gründet Familie – und hinterlässt eine (ratlose) Freundesschar. Kleine Einzugsfeier. Die nächste Geburtstagsfeier, dann Anrufe zum Geburtstag, Neujahrswüsche. Die Kontakte werden seltener. Die physische Distanz ist nicht groß, gerade mal 20 km. Die gefühlte oder psychische Distanz nimmt dahingegen im Quadrat zu.

In der Stadt verbleiben einige „AOK“ (Allein ohne Kinder), viele „ZANK“ (Zwei Einkommen Null Kinder), zunehmend „JUSO“ (Junge Senioren). Stadtluft macht historisch frei. Auf dem Lande wohnen die Landeier.

Man versucht, den Kontakt gezielt zu halten, ruft an, schreibt eMails. Absichten werden formuliert („Wir müssen mal wieder …“). Einladungen werden ausgesprochen.

Mein Freund K. hat dummerweise nie Zeit, wenn ich ihn anrufe. Ich werde vertröstet („Wenn die Abi-Klasse fertig ist …“). Nichts geschieht. Oder mein Freund S. Der ist inzwischen mit A16 und 60 auf Altersteilzeit. Hat aber trotzdem nie Zeit. Ich soll ihn und seine Frau J. immer mal auf deren „Datsche“ (Schrebergarten) besuchen. Aber wir kommen immer wieder darüber weg.

Man muss sich wohl damit abfinden, dass man nicht mehr dazu gehört: Zur Stadt nicht, zur Kultur nicht, zu den Szenekneipen und -treffpunkten nicht. Oder riecht man selber zur sehr nach „Land“? Hat man nichts mehr zum Gespräch beizutragen? Ist man verblödet? Nein, vermutlich hat man sich einfach wörtlich und bildlich nur auseinander gelebt.

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