Die Zahl der „Suppenküchen“ und „Tafeln“ in einem der reichsten Länder dieser Erde steigt kontinuierlich.
Inzwischen wird die berechtigte Frage immer lauter, wo der „Sozialstaat“ denn bleibe bei der Versorgung seiner Armen? Doch viel wichtiger noch ist die Frage, warum immer mehr Menschen über immer weniger Geld verfügen? Und: Wer soll von einer Hartz IV-Grundsicherung von 364 Euro/Monat denn leben können? Ende 2012 gab es in unserem reichen Deutschland sieben Millionen Hartz-IV-Empfänger – das sollte uns zu denken geben:
„Volkswirtschaft ist der Zeitpunkt, an dem die Leute anfangen, darüber nachzudenken, warum sie so wenig Geld haben.“ (Kurt Tucholsky)
Der Boom der Tafeln und Suppenküchen zeigt, dass das Existenzminimum mit der derzeitigen Mindestsicherung nicht gedeckt ist: Tafeln und Suppenküchen sind die Ersatzprogrammatik eines sich schleichend auflösenden Sozialstaats.
Diejenigen, die dieses System als Politiker einst beschlossen haben, sind materiell vorbildlich abgesichert und verfügen über einen sehr hochdosierten Mindestlohn – meist tragen sie gar den programmatischen Titel „sozial“ in ihrem Parteienkürzel. Und diejenigen Akteure in der deutschen Wirtschaft, die ein solches System immer wieder lautstark befürworten, verfügen selber oft über Millioneneinkünfte.
Sie alle sollten sich schämen!
Das Ziel kann nicht sein, dass privates Engagement noch mehr Suppenküchen und Tafeln hervorbringt. Das Ziel muss sein, der gezielten Verarmung ein Ende zu setzen – und zwar therapeutisch wie prophylaktisch: Mindestlöhne, die einem in Vollzeit arbeitenden Menschen ermöglichen, von seinem Einkommen auch zu leben und eine hinreichende Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit sind dazu eine Voraussetzung. Parallel dazu bedarf es einer umfassenden Neuausrichtung der Bildungspolitik: Wer gut ausgebildet ist, hat bessere Lebenschancen und kann die „selbstverschuldete Unmündigkeit“ (Kant) verlassen.
Noch im vergangenen Jahrhundert haben fast 60 Millionen Deutsche weggeschaut, als ein damals totalitärer Staat mehreren Millionen Menschen aus ihrer Mitte nach und nach ihrer Existenzgrundlagen beraubte. Auch damals fing es damit an, ihnen die Teilnahme am öffentlichen Leben zu erschweren – wie alles endete, ist überliefert.
Auch damals haben vermutlich viele Bürger – nicht zuletzt auch auf Grund der öffentlichen Berichterstattung – angesichts der Betroffenen gedacht: „Selbst schuld!“ Ein fataler Irrtum!
Die Kritik an „Almosensystemen“ wie Tafeln und Suppenküchen wird 20 Jahre nach Einführung der ersten Tafel in Deutschland lauter. Ein Aktionsbündnis aus Diakonie, Caritas, Armutsnetzwerk, Gewerkschaften und Menschenrechtlern namens „Armgespeist! 20 Jahre Tafeln sind genug!“ will in Zukunft solche Angebote überflüssig machen.