Heute ist kalendarischer Winterbeginn und – je nach Wohnort – der kürzeste Tag des Jahres.
Einst umfassten die sogenannten “Rauhnächte” die Zeit „zwischen den Jahren“, dem Ende des alten Jahres und Beginn des neuen Jahres also. Dabei endete das Jahr einst am 24. Dezember und begann wieder am 6. Januar. Dieser zwölf- beziehungsweise dreizehntägige Zeitraum der Rauhnächte liegt nach heutigem Kalender irgendwo zwischen dem 21. Dezember und dem 6. Januar. Für manche fangen die Rauhnächte bereits am 21. Dezember an, für andere erst nach Weihnachten.
Schuld an dieser Ungenauigkeit trägt die „gregorianischen Kalenderreform„, die im Unterschied zwischen der Jahreseinteilung nach Mond- und Sonnenkalender begründet ist. Denn zwischen Zählweisen von Mond- und Sonnenkalender für ein Jahr fehlen dem Mondkalender zwölf Tage zum astronomisch korrekten Sonnenumlauf von 365 Tagen.
Die faszinierende Zeit zwischen dem vierten Advent und Epiphanias hat es in sich! Diese dunkelsten Tage des Jahres haben unseren Vorfahren viel Angst gemacht, so dass daraus mancher Mythos entstand. Nach altem Volksglauben gehen die bösen Geister, Dämonen und unerlösten Seelen Verstorbener herum.
Zur Mitte der Rauhnächte, zu Silvester also, brach auch die „Wilde Jagd“ auf: In dieser Zeit stand das Geisterreich offen und die Geister hatten Ausgang. Sie konnten durch diesen offenen Spalt in der Zeit eindringen. Dämonen konnten Umzüge veranstalten oder mit der „Wilden Jagd“ durch die Lande ziehen. Man versuchte sie aktiv durch Lärm (Böller, Raketen), Mummenschanz usw. zu verscheuchen.
Man konnte sich auch passiv gegen sie schützen, indem man auf die Einhaltung bestimmter Regeln achtete: Man wusch keine Wäsche, hängt duftende Kräuter auf, räucherte das Haus ggf. komplett aus. Im Haus durfte keine Unordnung herrschen und man durfte keine weiße Wäsche auf der Leine hängen. Es durften keine Wäscheleinen gespannt werden, da sich in diesen die „Wilde Jagd“ verfangen könnte. Frauen und Kinder sollten nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr alleine auf der Straße sein. Darüber hinaus durfte nicht Karten gespielt werden.
Unsere Vorfahren benutzten jede dieser Rauhnächte auch für einen Monat des Jahres zum Deuten und Orakeln. Somit steht die erste Rauhnacht für den Januar, die zweite für den Februar usw.
Ein weiterer Brauch war und ist es, die letzte Nacht im Jahr gemeinsam mit Freunden zu verbringen und so der Geisterwelt nicht allein ausgeliefert zu sein. Der (magische) Kreis der um einen Tisch versammelten Menschen schützte vor Dämonen, die diesen Kreis nicht durchbrechen konnten.
Vorsicht: Die Gefahr, zwischen den Jahren dem zeitlichen Nichts rettungslos ausgeliefert zu sein, ist groß!