Von meinem Vater habe ich die Angewohnheit, in manchen Jackentaschen eine Kastanie mit mir zu führen. Das soll vorbeugen gegen Rheuma. Hat er nie gehabt, ich bisher auch nicht.
Mein Vater hat auch konsequent angehalten, wenn vor dem Auto eine schwarze Katze von links nach rechts die Straße überquerte. Als aufgeklärter Mensch mache ich das auch, sofern es die Verkehrssituation zulässt.
In den Rauhnächten hat meine Großmutter keine Wäsche gewaschen und draußen aufgehängt.
Am Freitag, dem 13., bin ich immer besonders wachsam.
Mancher schneidet seine Haare nur bei zunehmendem Mond.
Viele Forstleute fällen Holz nur bei abnehmendem Mond, kurz vor Neumond (Mondholz).
Bloß morgens nicht mit dem linken Bein aufstehen.
Wer heiratet, dem werden die Schuhe angenagelt oder die Hosen verbrannt. Und dann wird am Polterabend viel Porzellan zerdeppert. Nach der Hochzeit werden Brautpaare mit Reis beworfen. Am Hochzeitstag wird etwas Neues, Geliehenes und Blaues getragen.
Drei Mal auf Holz klopfen soll auch heute noch Glück bringen.
Am christlichen Weihnachtsfest hängen manche vorsichtshalber noch nach heidnischem Brauch Mistelzweige über die Tür – sicher ist sicher.
Schornsteinfeger sollen Glück bringen – nicht nur an Sylvester. Ebenso das Glücksschwein und der vierblättrige Glücksklee.
Ein zerbrochener Spiegel bringt hingegen sieben Jahre Unglück.
Beim ersten Kuckucksruf klopfe ich schnell auf das Kleingeld in meiner Tasche, dann habe ich das ganze Jahr Geld.
Man kann in fast jeden Brunnen Münzen werfen, das bringt Glück.
Und wenn man jemandem Glück wünscht, dann drückt man ihm die Daumen.
Das Kreuzen der Finger, indem man den Mittelfinger über den Zeigefinger biegt, soll angeblich auch Glück bringen („Keep fingers crossed!“)
Manche dieser Beispiele lassen sich inzwischen „logisch“ erklären. Wer zB einst in Zeiten reiner Landwirtschaft im Mai noch Geld hatte, der hatte den Winter über gut gewirtschaftet.
Spiegel waren einst teuer wie Gold, deshalb war ein sehr sorgsamer Umgang ratsam.
Der Mond hat tatsächlich etwas mit dem Fließsäften in Bäumen zu tun.
Der Begriff Aberglaube ist seit dem 15. Jahrhundert belegt. Der Wortbestandteil „aber-“ bedeutete ursprünglich „nach, wieder, hinter“, wobei es das Gegenteil dessen bezeichnete, was der zweite Wortbestandteil ausdrückte, z. B. auch bei „Aberwitz“. Das Wort kam als Lehnübertragung des lateinischen Begriffs „super-stitio“ (Außer-sich-Sein) in Gebrauch. Er stand für „falsche“, d.h. von der christlichen Glaubenslehre abweichende, Glaubensinhalte und -formen. Aberglaube galt als heidnisch, unmoralisch und ketzerisch.
Dabei ist der christliche Glaube voll von heidnischen Einflüssen: Weihnachten wurde von den Germanen schon in vorchristlicher Zeit gefeiert, was bedeutet, dass es eigentlich gar nichts mit der Geburt des Christus zu tun hat: Man feierte die Mittwinternächte
(Windersonnenwende). Auch der Tannenbaum ist ein heidnisches Symbol.
Auch die Darstellung des Teufels/Satan mit Bocksbein und Hörnern hat recht eindeutige „Anleihen“ beim griechischen Gott Pan. Schon der Begriff „Hölle“ ist eine Anleihe, allerdings bei den Germanen, die ihre Unterwelt schlicht „Hel“ nannten (und die noch im englischen „hell“ anklingt). Und seit der Zeit hat der Teufel „Hörner aufgesetzt bekommen“.
Ostern wurde wie das Weihnachtsfest, ursprünglich mit dem jüdischen Passah-Fest identisch, im vierten Jahrhundert mit heidnischen Bräuchen angefüllt.
Und denken wir nur an die Reliquien, Devotionalien, Amulette, Wallfahrtsorte, Wunder, Weihrauch und an die vielen „Seligen“, „Heilien“, „Schutzpatrone“ oder „Nothelfer“ der katholischen Kirche! Da gibt es für jeden Berufsstand einen und für jede Not oder Bedrängnis einen anderen.
Solange Aberglaube harmlos ist, kann er nicht schaden. Er ist Teil des menschlichen Strebens nach Spiritualität. Doch die Grenze zur Bedrohlichkeit ist oft gegeben. Denn Aberglaube ist dann schädlich, wenn er falsche Hoffnungen weckt oder gar Angst macht.
Also dann, in diesem Sinne weiterhin alles Gute und toi-toi-toi!