Es waren einmal: Volksschule – Mittelschule und Oberschule. So kenne ich es noch aus der Kindheit – und dann kam zur Lehre die Berufsschule
Später gab es dann die Grundschule, von der man automatisch nach vier Jahren in die Hauptschule, Realschule oder aufs Gymnasium wechselte – doch damit das alles nicht zu langweilig wurde, bastelten u.a. Politiker und andere pfiffige Menschen an immer neuen Modellen und gründeten z.B. die Gesamtschule (auch nicht besser, wie ich lernen musste).
Und so geht es munter weiter – inzwischen haben es die Medien und die Politik geschafft, einen Teil des ehemaligen Gebildes derart in Misskredit zu bringen und zu diskriminieren, dass immer mehr Eltern Abstand nahmen von ihr – der Hauptschule.
Dabei fühlten sich die Kinder und Jugendlichen meistens wohl und gut aufgehoben, engagierte Lehrer/innen kümmerten sich um den ihnen anvertrauten Nachwuchs und ließen nichts unversucht, ihnen den Weg in einen Beruf zu ebenen. Dabei hat oberste Priorität, dass ihnen Grundwissen so vermittelt wird, dass sie es im wahrsten Sinne des Wortes beherrschen (dass das nicht bei allen funktioniert, weiß jeder von allen Schulformen).
Inzwischen sind wir soweit, dass manche Gemeinden heute schon kräftig mitmischen und z.B. eine Gemeinschaftsschule erdacht haben, massive Werbung betreiben und sie als „das Ei des Columbus“ nach außen vertreten. Also, wer will noch mal – eine neue Schulform erfinden?
Nur lieber Leser, dass alles auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen geht, die diese Versuche ausprobieren müssen (wobei die Lehrer/innen die ständigen Veränderungen auch noch positiv nach außen vertreten müssen, ohne sich um ihre eigentlichen Aufgaben kümmern zu können).
Da wird mal ganz schnell ein Abiturmodell G8 aus dem Boden gestampft – mit dem Erfolg, dass die Jugendlichen nur noch lernen müssen, um das Pensum in der vorgegebenen Zeit zu schaffen. Wo bleiben da die Kinder, ganz zu schweigen von den Folgen der Abgänger des doppelten Abiturjahrganges (nicht genug Lehrstellen – kein Platz an den UNI’s und FH’s. Und auf der Strecke bleiben die Haupt- und Realschüler, sowie die schwächeren Gymnasiasten) – und dann wird in einigen Bundesländern alles wieder zurückgeschraubt (ABI G9).
Unsere Schullandschaft ist kein Versuchsfeld für nicht ausgelastete sogenannte Fachleute, die noch nie darüber nachgedacht haben, was den Kindern und Jugendlichen gut tut.
Klar ist, dass für manche Kinder die Grundschulzeit von 4 Jahren zu kurz ist. Klar ist, dass Räume für die extrem Intelligenten (allerdings meistens nicht in allen Fächern) geschaffen werden müssen und Räume für die eher Schwächeren, die in einer gewissen Zeit bei bestimmten Fächern Unterstützung brauchen.
Gerade die letzteren Fälle hat die Hauptschule aufgefangen: die Kinder, die noch einen stärkeren Bezug zu bestimmten Personen benötigen (Lehrer/in) fanden diese in der Hauptschule (darum kümmert sich niemand auf einem Gymnasium): Unterstützung durch Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe, Unterstützung bei der Suche nach Praktikumsplätzen und Ausbildungsplätzen durch vielfältige Maßnahmen (um nur einige Punkte zu benennen).
Außerdem dürfen wir nicht vergessen: In Deutschland herrscht Schulpflicht: Wer das Gymnasium oder die Realschule nicht schafft, der wandert automatisch in die Hauptschule (darum erhöhen sich die Klassenstärken immer in den späteren Klassen (ab etwa 7).
Noch vor wenigen Jahren interessierte es niemanden an den Gymnasien, dass ein Praktikum eine wertvolle Erfahrung auf dem Weg in die Berufswelt ist (heute ja, wenn auch nur für 2 Wochen). Die Vorbereitung auf einen möglichen Beruf hatte man überhaupt nicht im Blickfeld (studieren doch sowieso alle – das hat sich zum Glück auch schon geändert).
Überdies geben die Statistiken ungenaue wenn nicht sogar falsche Zahlen wieder: Gymnasien mit den hohen Anmeldezahlen – alle wollen auf das Gymnasium – klar, erst mal alle nehmen, die Anmeldezahlen müssen stimmen, gutes Image nach außen. Doch vergleicht man dieselben Namen der Anmeldung zwei Jahre später, dann wird man feststellen, dass viele nicht mehr auftauchen – abgewandert in Real- oder Hauptschule. Man wollte sie auch gar nicht, das war allen schon vorher klar, nur was haben diese Kinder in den zwei Jahre durchgemacht?
Und heute kommen die Aussagen von den Politikern/innen, die Anmeldezahlen an den Hauptschulen gehen zurück. Wir hatten es vorhergesehen – wir müssen immer mehr schließen – wir brauchen eine neue Schulform! Alles Lüge und Betrug, typisch Politik: Wenn ich die Schulform jahrelang schlechtrede und diskriminiere, dann muss ich mich doch nicht wundern, wenn die Anmeldezahlen zurück gehen – was soll dieses Geschwätz?
Natürlich muss sich was ändern. Doch lassen wir die Strukturen bestehen und geben den Schulen mehr Raum für Flexibilität – Eingehen auf die unterschiedlichen Begabungen,
Unterricht in wichtigen Fächern, Verlängern auf 3 oder 4 Stunden (um den Stoff
für alle vermitteln zu können – Wissen weiter geben), gehirngerechtes Lernen
anbieten (nach Vera F. Birkenbihl), Nachhilfe anbieten, auf die Berufswelt vorbereiten – usw.
Wir brauchen keine neuen Schulformen, sondern müssen das Bestehende verbessern und anpassen. Was aus Hauptschülern werden kann, beweist das Beispiel von Miriam M.: 9. Klasse Hauptschule, 10. Klasse mittlere Reife, 12. Klasse Fachhochschulreife, 13. Klasse Abitur. Im Wintersemester wird sie ihr Studium an der UNI beginnen. Hauptschule ist keine Sackgasse – und dieses Beispiel ist kein Einzelfall (Beitrag aus „Die Zeit: Schulführer 2010/11“).