Beck’s Bier – die verwässerte Marke

Foto: Jochen Voigt

Einst war Beck’s das Flagschiff Bremer Unternehmen. Kerngesund. International. Bodenständig.

Doch dann hat der damalige Geschäftsführer, Dieter Ammer, den 67 Gesellschaftern offenbar die Idee schmackhaft gemacht, das Unternehmen zu verkaufen. Sonst seien umfangreiche Investitionen in Hundertmillionenhöhe erforderlich. Vor diesem schwarzen Horizont haben die meist hanseatischen Gesellschafter dann wohl nicht lange überlegt. Herrn Ammer wurde angeblich sogar ein Bonus versprochen, wenn er es schaffe, das Unternehmen über einer bestimmten Summe zu verkaufen.

Seit dem Jahre 2002 gehört die Marke zur belgischen „Interbrew-Gruppe“, die nach Fusionen seit Ende 2008 unter der Firma „Anheuser-Busch InBev“ auftritt. Man spricht von überwiegend brasilianischem Kapital.

Verkauft wurden 2002 die Nienburger Glas GmbH an Rexam, 2003 die Rostocker Brauerei an Brau & Brunnen, 2005 die Bremer Erfrischungsgetränke GmbH und 2007 die Beteiligung an der nordIT GmbH.

Von 2003 bis 2006 wurden neue Marken in den Markt eingeführt: Beck’s Gold, Beck’s Green Lemon, PerfectDraft (Heimzapfanlage), Beck’s Chilled Orange und Beck’s Level 7. 2008 wurden die Produkte Beck’s Green Lemon alkoholfrei und Beck’s Ice eingeführt.

Die Werbung verabschiedete sich parallel vom älteren Genusstrinker. Ab sofort standen jüngere Zielgruppen im Visier mit teilweise aggressiven Werbeslogans. Hieß es einst „Beck’s Bier löscht Männerdurst“ bzw. in emanzipierten Jahre „Ein Bier von Welt!“, heißt der „Claim“ heute „The beer for a fresh generation.“ Oder „Eher was für Männer als für Herren“.  Oder gar: „Lieber geiles Bier als gepflegtes Pils“.

Man habe sich bewusst für eine Kommunikation entschieden, die provoziere, um in der anvisierten Zielgruppe an Relevanz zu gewinnen: Man wolle wieder stärker in den Blickpunkt rücken, dass Beck’s sich am Zeitgeist orientiere und sich dabei den erfrischenden Geschmack einer modernen Generation stelle (Beck’s Gold). In den Video Clips treffen sich junge, ausgelassene Leute um ein Lagerfeuer am Strand. 

Was sich im einstigen Traditionsunternehmen nicht rechnete wurde abgeschafft. So schaffte der Konzern aus Kostengründen 2005 die traditionellen Bremer Bierkutscher ab, welche mit Pferdegespann das Bier auslieferten – ein Touristen-Blickfang ohnegleichen, nur eben antiquiert (der erst wenige Jahre alte Pferdestall wurde umgebaut und wird heute als Büro genutzt). Das Sponsoring (besonders der Segel) der Alexander von Humboldt wurde gestoppt. Man habe genug Werbematerial und Aufnahmen für Jahre von diesem Schiff, hieß es.

Inzwischen ist der Umsatz von der Marke „Beck’s“ in Deutschland rückläufig: Man spricht von einem Umsatzeinbruch von etwa 10%. Kein Wunder, wenn man die Marke so verwässert und sich das o. a. neue Image zulegt. Viele ehemalige Beck’s Adepten haben sich inzwischen einer anderen Marke zugewandt. „Flensburger Gold“ schmeckt auch bestens.

Das kurzfristige Profitstreben rächt sich: Angeblich steht die Marke zum Verkauf. Dr. Oetker wird als Interessent gehandelt.

Dieser Beitrag wurde unter Wirtschaft abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten zu Beck’s Bier – die verwässerte Marke

  1. Dieter Osmers sagt:

    Eines der letzten Bremer Traditionsunternehmen wird auch der Globlisierung zum Opfer fallen.
    Das moderne Management schert sich nicht um Tradition und Bodenständigkeit. Gewinnoptimierung ist das oberste Ziel. Ausserdem kann Becks Bier auch irgendwo in der Welt gebraut werden. Das Becks Label kann man auch in Shanghai auf die Flasche kleben. Die Rezeptur ist die gleiche, das lässt sich alles rechnergesteuert herstellen. Dazu braucht man auch keinen Deutschen Braumeister. Ob das Wasser aus Bremen eine so eine entscheidene Rolle spielt, wage ich zu bezweifeln. Bei Becks wird ja auch Belgisches Bier oder die Marke „St. Pauli Girl“ für den amerikanischen Markt abgefüllt. Der Produktionsstandort in der Stadt wird über kurz oder lang wegen der schlechten Verkehrsanbindung aufgegeben werden.

  2. Jochen Voigt sagt:

    Diesem Beitrag kann ich nur voll zustimmen. Eines möchte ich hinzufügen: Früher schmeckte Beck’s Bier richtig gut, heute ist eine langweilige Plörre, denn der handwerkliche Brauprozeß mit Abschmecken usw. wurde durch ein computergesteuertes Verfahren ersetzt.
    Das Problem ist aber: Wir alten Säcke saufen einfach nicht mehr genug! Also müssen mit „trendiger“ Werbung und „innovativen“ Produkten jüngere, trinkfreudigere Zielgruppen angesprochen werden.
    Wenn man aber ernsthaft Bier nach dem Reinheitsgebot verkaufen möchte, kann man nicht in andere Produkte der Marke Zuckerwasser reinschütten, das ist unglaubwürdig.
    Da fällt mir ein: Wir sollten mal wieder ein schönes Bier zusammen trinken.
    In dem Sinne: Prost!

  3. Gerd Bertram sagt:

    Also St. Pauli Girl und auch andere Marken gab es bei Beck`s auch schon vor dem Verkauf durch Herrn Ammer. Die Marken gab es teilweise auch schon zu Zeiten von Joseph Hattig, ein ganz Guter für Beck`s, der das Unternehmen schon sehr voran gebracht hat, er war ja auch später Wirtschaftssenator in Bremen, allerdings immer mit Ecken und Kanten. Die Produktvielfalt bei Beck`s setzte schon sehr früh ein.
    Wir als Firma hatten viel mit Beck`s und eben auch mit anderen Brauereien zu tun. Wir haben mit einem Unternehmen aus Spokane (USA) und einem Unternehmen aus HB die Sixpack Verpackung entwickelt und maschinentauglich gemacht. Während der Entwicklungsphase habe ich manche Schicht bei Beck`s zugebracht.
    GHB

  4. Ich persönlich bin ein großer Bierfreund … und speziell in Deutschland von gutem Becks’s … ich finde es auch keinen Nachteil das Beck’s Bier überall in der Welt gleich schmeckt, so ändert sich nicht die Qualität … und man bekommt einfach immer den Geschmack den man möchte. Dennoch bevorzuge ich gutes belgisches Bier (Westmalle Trappist) … weil ich persönlich gerade den malzigen Geschmack sehr mag. Grüße aus Flandern!

  5. Karl-Heinz Heidtmann sagt:

    Ja, Trappist is best lekker, Antoine, maar „Mort Subite“ is ook niet weg! khh

  6. Klaus Lorenz sagt:

    Ich muß Jochen Voigt zustimmen. Hatte mich nach dem „Genuß“ einer verwässerten Flasche (2009) direkt an Becks gewandt. Dort behandelte man die Sache sehr ernsthaft und rührig. Ich konnte erfahren, daß Becks inzwischen nicht mehr nur in Bremen gebraut wurde. Mir wurde bestätigt, daß man das an der L-Nummer erkennen kann. Welche L-Nummer für welchen Braustandort steht, durfte mir allerdings nicht verraten werden. Als Entschädigung bekam ich einen Kasten 0,33er gratis per Post. „Einen Kasten Bremer Abfüllung“ sagte man mir – Nummer „L…98“. Da war er dann wieder, dieser Weed-Geruch nach dem öffnen sowie der unvergleichliche Geschmack. Von da an kaufte ich nur „L…98“-Flaschen, welche alle die gleiche Qualität hatten. Leider gibt es diese Abfüllung hier in Thüringen seit Jahren nicht mehr. Eine eventuelle Übernahme durch Oetker wird gar nichts bringen. Das Radeberger ist nach deren Übernahme nicht mehr mit dem DDR-Produkt zu vergleichen. Damals fand ich es hervorragend, mit einem ganz charakteristischen Geschmack. Der ist seit Oetker vollkommen weg.

Kommentare sind geschlossen.