Neulich hat mich das Faktotum an meiner Tankstelle fünf Jahre älter geschätzt als ich bin. Vor 40 Jahren wäre ich ihm dankbar dafür gewesen, heute stürzt er mich mit einer solchen Aussage in eine existenzialistische Sinnkrise. Würde ich mich selber doch glatt fünf Jahre jünger schätzen! Damit liege ich voll im Trend der Statistiker: Je älter man wird, desto jünger schätzt man sich selber ein. Diese Differenz nimmt mit zunehmendem Alter zu und erreicht maximal fünf Jahre.
Neulich sah ich ein Angebot: „Schach für Senioren – ab 50“ – unmöglich! Seniorenteller – wehe!
Zugegeben, mit 50 Lebensjahren ist man schon ein wenig museumsreif, denn was in manchen Heimatmuseen gezeigt wird, war für mich noch erlebte Realität: Milchzentrifugen, Backöfen, Röhrenradios.
Alt werden wollen wir alle, alt sein will keiner. „Forever young” titelte einst Dr. Strunz, der dann dummerweise auf auf Mallorca dem Kopf fiel und sich seither von seiner Frau verwöhnen lässt und von Liebe faselt. Die Nahrungsmittelergänzungslobby zielt genau auf dieses Motiv des Menschen – und ist deshalb (Milliarden-) erfolgreich: Pulver und Säfte als Wunderheilmittel für eine fast ewiges Leben: Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Antioxydanzien – hilft gegen Burn-out, Stress, Herzinsuffizienz, Schweißfüße und Haarausfall. Die Gesundheitsapostel schwören auf Aloe vera, noni usw. Es scheint als ob jeder dritte Bundesbürger mit Nahrungsmittelergänzungsstoffen handelt und jeder zweite diese einnimmt.
Doch am Ende erwischt es uns alle. Da wollen wir mal jeden Tag genießen und uns freuen, dass wir ihn erleben dürfen.