Unsere Persönlichkeit – nur ein Chemiecocktail?

Jeder Mensch hat eine Persönlichkeit. Falsch. Jeder Mensch hat Persönlichkeit – oder besser Persönlichkeiten.

Der Autor Richard Precht behauptet ja in seinem Buch „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“, dass wir mindestens zu acht sind, die hier gerade schreiben – das entspricht der derzeit wissenschaftlich bekannten Anzahl möglicher Ich-Zustände.

Falls Sie noch nie darüber nachgedacht haben, dass Ihr Ich sich im Laufe der Jahre dynamisch verändert hat und somit in der Tat ein anderes geworden ist, Precht führt den Beweis. Aber gewiss haben Sie doch selber zum Beispiel beobachtet, dass, wenn Sie Kinder haben, diese im Laufe der Jahre von einer Persönlichkeit zur nächsten mutieren.

Der rebellische Bengel von früher wurde zum strengen Vater von heute. Das sanftmütige Wesen von einst wurde zur launischen Pubertandin. Der engagierte Student mutierte zum lustlosen Pädagogen. Die ruhelose Mutter der Kindheit vegetiert nun dumpf im Seniorenheim. Der überzeugt Seminarmarxist fährt heute überzeugt Daimler.

Jeder Mensch ist eine Persönlichkeit. Falsch. Auch diese kann gänzlich verschwinden. Unsere Vorstellung von Individuum und Persönlichkeit wird spätestens in dem Moment relativiert, wenn wir Menschen begegnen, bei denen durch Unfall oder pathologische Veränderung das Hirn in Mitleidenschaft gezogen wird.

Es sieht ganz so aus, als ob unsere so hoch geschätzte Persönlichkeit nicht viel mehr als ein bisschen Chemie ist.

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