Ein bemerkenswert differenzierter Beitrag, der Kommentar von ZEIT-Redakteur Adam Soboczynski zu Thema „Soziale Netzwerke“ alias „Social media“ unter dem Titel „Höfische Gesellschaft 2.0“ in DIE ZEIT vom 22. Oktober 2009, auf den wir hier, wenn auch verspätet, nicht säumen wollen hinzuweisen.
Immerhin können 300 Millionen Mitglieder allein von Facebook doch nicht irren, oder? Dass das Ganze aber im Gegensatz zu vollmundigen Behauptungen nichts mit zunehmender Basisdemokratie zu tun hat, das kann man hier auch nachlesen.
Doch was ist das Web 2.0 dann?
„Soziale Netzwerke bilden ein Reich von Höflingen, die galant auf sich aufmerksam machen. Sie sondern den Zögerlichen, den Nachdenklichen, den Schüchternen aus. Die Affektschwellen, die das Bürgertum zum individuellen Selbstschutz, zur kollektiven Machtsteigerung und zur vermeintlichen moralischen Vervollkommnung errichtet hatte, sind weggebrochen.
(…)
Das Web 2.0 ist vor- und zugleich nachdemokratisch. Es hebelt nicht nur nationale Gesetzgebung aus, formale Strukturen politischer Partizipation, es verdrängt nicht nur die alten Medien, sondern lässt einen neuen, gleichsam alten Menschentypus auf die Bühne treten: den sozial hyperaktiven, den um Status und Witz kämpfenden Höfling, den reaktionsschnellen und bewertungssüchtigen, den geistreichen Parvenü.
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Der Souverän ist nicht mehr souverän. Die Zeit scheint eine neue Ordnung der Dinge herbeiführen zu wollen, und wir werden davon zunächst nichts als bloß den Untergang der alten erleben.
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Sie werden eh hinweggefegt werden: die Geisteswissenschaftler altväterlicher Manier mit klobigen Büchern.“
Na, dann wollen wir uns doch nochmal schnell ein paar Bücher kaufen, bevor man uns mit einem „kindle“ auf den Schädel haut.