Ein Jubiläum wäre wohl eher bei der Zahl „25“ fällig, aber man weiß ja nie in dieser schnelllebigen Zeit und feiert auch schon mal ein zwanzigjährige Bestehen.
Die Medien sind daher diese Woche voll der Berichte über den Tag X vor 20 Jahren, als zusammenwuchs, was einst für eine Weile zumindest zusammengehörte. Exkurs: Manche denken ja, dass es das Deutsche Reich schon immer in seinen Grenzen von 1939 gegeben habe – dabei sah die Landkarte ein halbes Jahrhundert davor noch ganz anders aus und 100 Jahre davor wiederum anders. Merke: Der Begriff und die Realität einer „Nation“ sind eben etwas grundsätzlich Unterschiedliches – und Dynamisches.
Doch endlich hat der deutsche Großautor Martin Walser wieder einmal etwas Brauchbares geschrieben. In der Samstagausgabe der FAZ hat er, der mit seinem Beitrag aus der Paulskirche einst die Schelte einer halben Nation erfuhr, einen epischen Beitrag im Zusammenhang mit dem Mauerfall vor 20 Jahren unter dem Titel „Deutschland hat Glück gehabt“ verfasst. Hier zumindest das poetisches Ende dieses Elaborats in Versform:
„Heut‘ schläft ein Lied in allen Dingen. Ich will’s so leise wie möglich singen: Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht, schlaf‘ ich weiter bis halb acht.“
Bravo, bravissimo, Martin Walser!