Trinkgeld

Auch die hoch geschätzte deutsche Sprache ist – wie keine Sprache – so präzise, wie eine mathematisch eindeutige Formel. Worte und Sätze lassen unterschiedliche Interpretationen zu. Auch die Transformationsgrammatik nach Noam Chomsky litt unter der Ambiguität von Sätzen wie „Jeanet loves firemen who are very sexy.“

Bereits im Lateinunterricht ächzten wir unter der Vielfalt von Auslegungsmöglichkeiten mancher Sätze des Seneca und anderer.

Besonders fatal ist die – vor allem – in der deutschen Sprache mögliche, oft auch endlose lange Wortbildung (denken Sie nur an den Kapitän, der auf der Donau ein Dampfschiff einer gewissen Gesellschaft steuert).

So ist im Zitroneneis zwar (bestenfalls) Zitrone enthalten, jedoch kein Hund im Hundekuchen. Dass im Leberkäs keine Leber enthalten ist, steht auf einem anderen Blatt.

Kommen wir endlich zur Sache unseres heutigen Beitrags:
Im Deutschen heißt es „Trinkgeld“. Der interessierte Zeitgeist fragt sich, heißt das nun, dass der zufriedene Gast der Bedienung Geld zum Trinken gibt – oder ist dies ein Geld, das der Gast dafür zu zahlen hat, dafür, dass er trinken durfte?

Womöglich deshalb ist aus dem englischen Sprachraum seit einigen Jahren auch das Wort „Tip“ als Ersatz für unser zweideutiges deutsches Wort herübergeschwappt. Dies hingegen ist eindeutig: „T.I.P.“ stand einst wohl auf Töpfen in Londons Kaffeehäusern (meinte jedenfalls vorgestern die „Süddeutsche“). Die Buchstaben waren eine Abkürzung für: „to insure promptitude“; wer hier etwas hineinwarf, wurde offenbar schneller bedient. Vielleicht auch besser.

Das hat doch eine ganz andere Qualität als „Trinkgeld“!

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