Kinder, war das anstrengend!

Es ist bekannt, dass das Weihnachtsfest nicht nur ein Fest der Liebe, sondern auch eines des Streites ist. In vielen Familien liegen die Nerven angesichts der zusammen auf engem Raum verbrachten Tage oft blank. Eltern werden dabei immer als etwas „anstrengend“, vielleicht auch „altmodisch“ und mit zunehmendem Alter gar „wunderlich“ empfunden.

Als junge Erwachsene war auch uns der Besuch der Eltern zu Weihnachten eher eine Pflichtübung, wir feierten lieber „alternativ“ mit Freunden ab Mitternacht. Später mit den Enkeln kamen der Einfachheit halber die Eltern dann zu uns ins Haus. Etwas anstrengend war es immer für beide Seiten: Die Eltern waren froh, wieder fahren zu können, die Kinder atmeten erleichtert auf, nicht ohne einige kritische Sätze wie „Oma hat aber ganz schön reingehauen!“ über ihre Eltern verloren zu haben.

Heiko hat die Nase auch schon ganz schön voll von seiner Familie„, weiß die Tochter von einem Freund am zweiten Weihnachtstag zu berichten, und dass auch der Enno total genervt von seinen Alten sei – und sie selber „muss auch mal langsam wieder nach Hause“. Anlass genug, das Szenario einmal ganz generell zu beleuchten.

Woher nehmen Kinder nur die Gewissheit, dass die Belastung bei solchen gemeinsam verbrachten Tagen nur einseitig bei ihnen, den Kindern, liege? Sind Eltern qua Natur einfach nur toleranter?

Nein, mal wieder ist die Evolution an allem schuld! Denn die Natur ist ein geschickter Akteur: Sie will, dass Kinder im fortpflanzungsfähigen Alter sich zu Hause nicht (mehr) all zu wohlfühlen, damit sie ihre Gene möglichst weit entfernt von Haus und Hof weitergeben. Nur deshalb sind die Alten „anstrengend“ (und darum ist die Schwiegermutter des Mannes übrigens auch meistens „böse“)!

Während die meisten anderen Lebewesen ihre Brut nach Stunden, Tagen oder Wochen in die große, weite Welt entlassen, ja, sie manchmal gar brutal aus dem Nest schubsen, kümmern sich Menschen viele Jahre und Jahrzehnte um ihre Kinder.

Die Aufzucht der Brut erfolgt dabei oft sogar generationsübergreifend: Vermutlich haben die Großeltern ihre erwachsenen Nachkommen bereits vor Jahrtausenden nach Kräften unterstützt. Das hat diesen wiederum erlaubt, mehr Nachwuchs in die Welt zu setzen. Zugleich stiegen die Überlebenschancen der Enkel. Auch heute betreut jedes zweite Großelternpaar in Deutschland die Enkel zumindest sporadisch und vermacht diesen statistisch bis zu 4000 Euro im Jahr.

„Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen.“ (Goethe)

Sind die Kinder fort, machen die Eltern schnell alles wieder sauber, waschen ab, beseitigen die Trümmer und entsorgen den Abfall. Die Kinder fahren mit vollen Taschen und dem beruhigenden Gefühl zurück in ihre Wohnungen, dass sie wieder einmal ihre Pflicht getan haben – auch wenn es etwas anstrengend war.

Die Natur hat es klug eingerichtet, dass Kinder auch noch im hohen Alter Kinder sind, für die die Alten bis zu ihrem letzten Atemzug gerne sorgen – ganz gleich, wie die Brut sich selber beträgt. Ihr Kinderlein kommet! Und schon bald ist wieder Ostern!

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