Die Geschichte des Grübelns

Das Grübeln scheint eine ganz alte Geschichte zu sein. Bereits Walther von der Vogelweide grübelte im 12. Jahrhundert über den Sinn des Lebens nach, konnte sich darauf auch damals schon keine Antwort geben, solange er auch grübelte.

In der Zeit der deutschen Romantik war das Grübeln gar in Mode: Dichter Clemens Brentano wollten durch Grübeln »zum Kristallgrund« der Seele vordringen. Die weniger romantisch veranlagten Ärzte und Psychiater der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts erklärten das  Grübeln jedoch schlechthin zur Krankheit. Und spätestens seit 1990 wird das Grübeln als Depression behandelt – das Gegenteil ist seither angesagt: „Don’t worry, be happy!“

Während man in der Romantik also noch den Dingen noch auf den Grund zu gehen versuchte, wurde das Grübeln – auch „Rumination“ genannt – als  sich wiederholendes , zwanghaftes Denken als pathologisch eingestuft.

Heute hat man den Eindruck, dass es ein Kardinalfehler ist, sich seines Verstandes zu bedienen. Bloß nicht über Schwieriges nachdenken! Die Medien helfen dabei dem Bürger, sich das Grübeln und Nachdenken abzugewöhnen. Das Schulsystem hat schon lange nicht mehr die „allseits gebildete Persönlichkeit“ zum Ziel. Denken, das soll man wohl besser anderen überlassen. Zum Beispiel den Politikern; die machen das dann beruflich, Berufspolitiker eben.

Dabei wäre es gut, sich wieder seines Verstandes zu bedienen, wieder grübeln zu lernen und nachzudenken, ob uns das ggf. hilft, die Probleme der Gegenwart zu lösen. Sapere aude war einst das Motto der Aufklärung, wage es zu wissen! Doch wer viel weiß, will womöglich mitgestalten – und das ist denen, die professionell nachdenken eher lästig. Vielleicht ist deshalb auch der bundesweite Volksentscheid aus den aktuellen Koalitionsverhandlungen verschwunden? Ein Volk, das anfängt nachzudenken? Sich ggf. einzumischen?

Nichts fürchten die Lenker der Welten mehr als das.

Dieser Beitrag wurde unter Psychologie abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.