Kabarett oder Comedy?

Die Zeit des politischen Kabaretts scheint mit dem Tod von Dieter Hildebrandt endgültig vorbei. Von kaum einem Künstler kann man sagen, dass er die politische Kultur der Bundesrepublik dauerhaft so beeinflusst hat wie Dieter Hildebrandt.

Der heutigen Generation sagen die Ensembles der „Münchener Lach- und Schießgesellschaft“, der „Berliner Stachelschweine“ oder des „Düsseldorfer Kommödchen“ eher wenig – dabei waren diese viele Jahrzehnte der Inbegriff des Kabaretts im Nachkriegsdeutschland.

Die „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“ wurde als politisches Kabarett im Jahre 1956 von Sammy Drechsel und Dieter Hildebrandt gegründet. Die Erstbesetzung bestand aus Ursula Herking, Klaus Havenstein, Hans Jürgen Diedrich und Dieter Hildebrandt. Im Jahre 1958 ergänzte Ursula Noack das Ensemble.

Seit vielen Jahren sieht man im TV nur noch sog. „Comedians“. Dass „Comedy“ das „denglische“ Pendant für Kabarett ist, darf bezweifelt werden, denn unter „Comedy“ versteht man im deutschsprachigen Raum eher (vermeintlich) unterhaltsame Kleinkunstprogramme im Fernsehen und Hörfunk.

Comedy und Kabarett lassen sich auch klar qualitativ unterscheiden: Kabarett ist intelligent und anspruchsvoll und Comedy hingegen niveaulos und geistiges Fast-Food. Manche pflegen die Überzeugung, dass es sowohl schlechtes Kabarett wie auch gute „Comedy“ gibt.

Tatsächlich ist Kabarett im Unterschied zur „Comedy“ meist satirisch, politisch, ironisch, sozialkritisch. Vor allem unterscheidet sich „Comedy“ vom Kabarett aber durch die innere Haltung gegenüber dem Erzählten: Während Kabarettisten vorwiegend ihre pointierte Sichtweise des Weltgeschehens schildern, beschreiben Comedians eher ihre eigenen komischen Konflikte mit der Welt.

Lassen wir Altmeister Hildebrandt selber über die Grenze zwischen beiden Genres zu Worte kommen:

“Die ist total fließend, wir haben das ja lange im Scheibenwischer praktiziert. Da gab es komödiantische Elemente, und wir haben zugleich klargemacht, was uns stört an der Politik. Einmal gab es eine ganze Sendung nur zur Gesundheitsreform und was sie aus den Leuten macht. Das war vielleicht nicht lustig, aber wichtig. Manchmal muss man eine Aussage machen, ohne auf Pointen Rücksicht zu nehmen. Wir haben nie auf Pointendichte gezielt, genau das ist der Unterschied zur Comedy.” (Dieter Hildebrandt)

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