Günther ist Berufsfischer – oder sollte man besser sagen, „war“? Immerhin hat er das offizielle Rentenalter schon längst erreicht. Mit seinem Damenfahrrad (da ist das Aufsteigen leichter) Marke „Rabeneick“ und seiner Prinz-Heinrich-Lotsenmütze auf dem Kopf steht er da oben auf der mit EU-Mitteln erbauten Fußgängerbrücke und blickt hinunter auf die beiden Paddlerinnen der Hamme.
Er macht eine kleine Radtour um das gute Wetter zu nutzen. Nein, einen Radweg gibt es nicht an der Hamme entlang zu den anderen Hammehütten. Er weiß das genau, auch wenn er seinen Beruf einst an der Ostsee und an der Schlei ausgeübt hat; er wohnt seit zwei Jahrzehnten in OHZ. Seine Frau ist vor einiger Zeit gestorben. Damit er nicht so alleine ist, hat er eine Freundin. Die hat aber ihre eigene Wohnung.
Sieben Zentner filetierten Fisch bringt er in einer Kühltruhe auf seinem Autoanhänger mit, wenn er an die Ostsee fährt zu seinen ehemaligen Kollegen. Natürlich sind die nicht geangelt, sondern mit Netzen gefangen. Aber inzwischen überlässt er das Fischen den Kollegen. Er kauft den Fisch dann einfach bei ihnen. Guter Preis, versteht sich. Filetieren tut er den Fisch dort aber selber, tagelang. Vor allem Ostseedorsch, der schmeckt anders als der aus dem Nordmeer. Räuchern tut er auch alle paar Wochen. Sein privater Abnehmerkreis sei ja groß. Man kenne ihn.
Später treffen wir ihn noch einmal wieder. Er hat nämlich seinen Kumpel Heinzi getroffen. Der ist auch alleine. Gelernter Gas- und Wasser-Installateur und Kfz-Meister. Heinzi hatte lange eine Auto-Werkstatt in Worpswede. Die hat er jetzt verpachtet an seinen ehemaligen Lehrling, wegen der Hüfte. Jetzt ist der Lehrjunge natürlich auch schon längst Meister. Heinzi selber wohnt noch oben. Hat aber noch ein Haus. Alles selber gebaut.
Man trinkt ein Haake Beck – der preiswerte Bremer Klassiker. In Melchers Hütte gibt es ja auch nur Flaschenbier. Ob ich auch eins will? Heinzi erzählt von seiner schweren Kindheit. Ziemlich übler Stiefvater. Hat ihn immer verwamst. Da ist er dann mit 17 ausgezogen. Vorher hat er den Stiefvater aber noch mal ordentlich geschüttelt. Seine Mutter hat er nie wieder sehen wollen. Hat dann seine Lehre gemacht – Gas, Wasser, Scheiße. Danach acht Jahre zum Bund. Schirrmeister. Alle Lehrgänge und Scheine gemacht. 40.000 Mark Abfindung gab es damals. Davon hat er dann seine Werkstatt gekauft. Sein Frau ist auch schon vor einigen Jahren verstorben.
„Günni“ lädt Heinzi ein, doch mal mitzukommen an die Schlei. Alleine wäre ihm das zu langweilig. Außerdem sei er auch nicht mehr so gut beieinander. Wäre gut, wenn dann einer dabei wäre. Sagt auch seine Freundin. Kost und Fahrt frei. Miete nur 15 Euro am Tag! Aber auch darüber ließe sich reden. Heinzi ist nicht abgeneigt. Zu zweit ist man eben weniger allein.