Kinder als Kritiker

Was werden unsere Kinder einst über uns, ihre Eltern, sagen?

Wir selber waren ja im erwachsenen Alter auch nicht immer nachsichtig mit unseren Eltern. Wir hielten sie, ihre Denk- und Verhaltensweisen so manches Mal für überkommen bzw. borniert. Wir waren froh, wenn wir nach einem Besuch wieder fahren konnten bzw. wenn sie wieder gingen. Wir lebten scheinbar in zwei unterschiedlichen Welten – wir in der moderneren.

Werden unsere Kinder also auch insgeheim ihren Teil über uns denken? Einst waren wir ja die „Größten“ für unsere kleinen Kinder. Inzwischen gehen sie weitgehend ihre eigenen Wege, brauchen uns immer weniger. Und gewiss werden sie miteinander über uns reden, etwa so:

„Ich verstehe nicht, warum die immer noch die alte Küche haben. Mama hätte sicher schon längst gerne eine neue gekauft. Aber Papa ist ja manchmal sowas von stur.“

„Also, ich finde, dass Mama ganz schön vergesslich geworden ist. Hoffentlich wird die nicht mal dement!“ – „Und Papa erst! Der hört gar nicht erst zu.“

„Papa erzählt jedes Mal die gleichen Geschichten von den bescheuerten Nachbarn, seinem Herrenabend und so. Merkt der das nicht?“

„Mamas Angst vor anderen Hunden ist auch nicht mehr normal. Das überträgt sich doch auf den Hund, das merkt der sofort!“

„Papa könnte sich wirklich mal ein bisschen schicker anziehen zu Hause. Wie der manchmal rumläuft, diese ollen ausgeleierten Cordhosen, schrecklich! Dass Mama ihm das durchgehen lässt!“

„Seit Jahrzehnten fahren die immer nach Dänemark in den Urlaub. Dabei ist das da doch total langweilig, nichts los! Mama würde bestimmt gerne mal woanders hin, aber Papa ist ja manchmal sowas von stur.“

„Und wie die den Hund verwöhnen, also das ist doch nicht normal! So gut hätte ich das mal als Kind haben wollen! Das ist doch nur ein Tier! Und ich finde, der stinkt!“

Dabei würden wir so gerne in einem guten Lichte dastehen bei unseren Kindern: Geistig fit, gut aussehend und aufgeschlossen für jede neue Idee. Aber daraus wird wohl nichts. Unsere Eltern waren ja auch sowas von stur.

Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.