Datenschutz? Lachnummer!

Wir wollen hier nicht über die „großen“ Datenschutzfragen oder den „großen Lauschangriff“ nachdenken. Wir wollen auch nicht ätzend über die freiwilligen Selbstauskünfte in Foren des Internets extemporieren. Auch geht es nicht um die Tratschgeschichten beim Metzger. Nicht einmal unser Lieblingsthema des scham- und rücksichtslosen Telefonierens in der Öffentlichkeit soll strapaziert werden: Heute geht es ganz einfach um den Schutz der Privatsphäre in öffentlichen Ämter, am Verkaufstresen oder in der Arztpraxis.

Wer einen neuen Personalausweis braucht, geht zum Ordnungsamt. „Eintritt nur nach Aufforderung!“ – so hieß das jedenfalls früher. Heute steht da eher „Bitte anklopfen!“ Dort sitzt dann eine freundliche Dame der Besoldungsstufe TVöD E8 oder E 10 und regelt das Notwendige professionell und schnell. Die zweite Kollegin im Raum fertigt derweilen einen anderen Bürger ab. Von Diskretion keine Rede.

Nicht genug, durch ein Kundengespräch im Nebenzimmer, das durch eine offene Tür mit diesem Büro verbunden ist, wird man unfreiwilliger Zeuge der Daten eines anderen Bürgers. Ein Neubürger offensichtlich. Man erfährt, wann er wo geboren ist, wo er jetzt wohnt, seine Telefonnummer, Personenstand (geschieden!) usw.

Wer zum Arzt geht, muss – abgesehen von seinen persönlichen Daten und der Frage nach der Krankenversicherung – seine Zipperlein am Tresen gleich neben dem Wartezimmer öffentlich machen. Weil der Patient verschämt leise spricht, wird laut nachgefragt, worauf dieser seine Leiden noch einmal lauter wiederholen muss – für alle! Auch weitere Termine, Rezepte, Einnahmerichtlinien und Gegenwirkungen sowie Überweisungen zu Spezialisten werden dort coram publico erörtert. Das Gleiche wiederholt sich dann bei  Rezeptverschreibung in ähnlicher Form in der Apotheke.

In der Sparkasse das gleiche Prozedere: „Ihre Name? Ihre Kontonummer? Wie viel möchten Sie abheben?“ Auch beim Postamt, beim Baumarkt, beim Partyservice, im Bücherladen – überall wird an Schaltern und Tresen laut nach den ganz persönlichen Daten gefragt und gefälligst deutlich geantwortet. Doch das interessiert niemanden!

Das alles erinnert eher an den begnadeten Autor Franz Kafka („Der Process“) denn an eine moderne diskrete Gesellschaft mit Datenschutz. Worüber regen wir uns eigentlich bei Obamas Lauschangriff auf? Hier an den Tresen des Handels und der Dienstleister, da geht die Privatsphäre den Bach runter!

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