Die unendliche Sexismusdebatte – verklemmt

Ganz gleich, was an der Sache dran ist oder nicht, wir erleben derzeit eine unerträgliche Sexismus-Debatte, die jeden Mann schon einmal per se in die Schweineecke stellt. Vorzeigeblogger Robert Basic hält heute mutig dagegen.

Der Hintergrund: Stern-Autorin Laura Himmelreich schildert in der aktuellen Ausgabe des Magazins ihre angeblichen Gesprächerlebnisse mit FDP-Spitzenpolitiker Rainer Brüderle, von vor einem Jahr (!) am Rande des Dreikönigstreffens an einer Hotelbar. Dass diese „Illustrierte“ selber gerne zB barbusige Damen abbildet, steht auf einem anderen Blatt.

Wir erleben zur Zeit eine typische “Hysterese„, einen überproportional großen Kultur-Ausschlag also, in Richtung Frau. Es entsteht ein postemanzipatives Lagerdenken, das in Mann = böse / Frau = gut mündet. Das ist natürlich (im doppelten Sinne) barer Unsinn und führt zu nichts als zu neuen Feindbildern. Das ist unerträglich – und auch  “Quoten”  werden das Geschlechterverhältnis keinesfalls verbessern.

Männliche Schweine hat es zu allen Zeiten und auf jeder gesellschaftlichen Stufe gegegeben. Manchmal hatten sie gar Machtmittel sexuelle Forderungen per Gesetz durchzusetzen (jus primae noctis).

Es ist ebenso müßig und kontraproduktiv, an dieser Stelle auch die Litanei der Frauen aufzuzählen, die sich historisch nachweislich als wahre Bestien gerierten, Männer gequält, geschlagen, kompromittiert, ruiniert, mit Gift gemeuchelt oder ganze Völker ins Elend gestürzt haben. Auch soll hier nicht die Rede von weiblichem Stalking oder weitverbreitetem Zickenalarm sein. Und dass Sexismus immer nur von Männern ausgeht, gehört ebenfalls zu den Wandersagen.

Letztlich – und das verkennen viele – geht es bei dieser Debatte nicht um eine Mann-Frau-Thematik, sondern um die einseitige Durchsetzung von Macht- bzw. Abhängigkeitsverhältnissen.

Fakt ist, wir stehen möglicherweise nicht nur vor einer völlig neuen Phase wechselseitiger geschlechtlicher Verklemmtheit, sondern auch vor einer hysterischen Jagd auf alle möglichen Formen vermeintlicher Diskriminierungen (vgl. auch die Debatte um angeblich diskriminierende Begrifflichkeiten in Märchen oder Büchern).

Jedes Wort muss zukünftig offenbar auf die Goldwaage gelegt werden. Ist ein Satz wie: „Das Kleid steht Ihnen aber gut!“ zukünftig sexistisch? Muss jede noch so unintendierte Geste auf ihre sexistische Interpretation im Vorfeld überprüft werden? Zum Beispiel beim in den Mantel helfen: „Darf ich Sie mal kurz anfassen?“.

Gleichzeitig zeigt die Debatte aber vor allem auch und einmal mehr, wie fragil ein einzelner Mensch in dieser mediengesteuerten Landschaft ist – ohne die sie kaum wahrgenommen werden würde (angebliche 60.000 tweets). Und selbst wenn sich so eine Behauptung (wobei keinesfalls um den auch für mich unerträglichen Politiker Brüderle als solchen geht) nach einer gewissen Zeit als “fake” herausstellen sollte, ist der Schaden immens und nicht wieder gutzumachen. Auch hier sehe ich großen Handlungsbedarf.

Die Würde des Menschen ist unantastbar, schreibt das Grundgesetz. Und bis zum Nachweis der Tat gilt jeder bei uns als unschuldig. Das sollte auch weiterhin und uneingeschränkt für Männer gelten. Und, ja: It takes two to tango.

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Eine Antwort zu Die unendliche Sexismusdebatte – verklemmt

  1. Hans-Werner Kleindiek sagt:

    moin, moin Herr Heidtmann,

    Mannomann, da haben Sie aber ein heikles Thema angepackt – wie Sie selber schon sehr treffend bemerken – jedes Wort kann schnell zum Eigentor werden – also: ein Kamikazeflug?

    Ohne lange zu überlegen, kann man Ihnen nur beipflichten. Es stellt sich mir außerdem die Frage, wo fängt der Sexismus an und wo hört er auf? Was gehört alles zu dem Thema dazu?

    Wenn ich mir die meisten Titelseiten der Illustrierten ansehe, dann geht es fast gar nicht mehr ohne Fleischbeschau. Die Verantwortlichen werden diesbezüglich immer erfindungsreicher und grenzenloser. Man hört allerdings kaum Worte der Kritik, also hat die Öffentlichkeit sich bereits so weit damit abgefunden, dass sie das kommentarlos akzeptiert?

    Wenn man sieht, was manche Frauen (gleich welcher Altersgruppe) an Kleidung tragen, dann fragt man sich, warum überhaupt noch die paar Fetzen Stoff? Kürzlich war im Fernsehen anlässlich einer großen Galashow eine Frau in einem Kleid zu sehen … im Bikini wäre sie eventuell angezogener gewesen.

    Wenn man heute beobachtet, was übrig bleibt, wenn junge Frauen und Mädchen sich bücken, dann könnte man schon fast geneigt sein, von Provokation zu sprechen.

    Und wenn man sich die Texte der unzähligen Komiker/-innen (oder heute wohl besser „Comedians“, die seit Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen) anhört, so werden diese ebenfalls zunehmend anzüglicher, und der ganze Saal biegt sich vor lachen (Männlein wie Weiblein). In einigen Talkshows wird es von Woche zu Woche derart schlüpfrig, dass man auch hier nicht mehr so recht zuordnen kann, in welcher Art von Sendung man da wohl gelandet ist?

    Um die Geschichte nun abzurunden, da wir uns gerade mal wieder in der heißen Phase des Karnevals befinden: manche Büttenrede passt da gut zum Thema und es regt keinen Menschen auf – kürzlich wurde in einer kleinen Vorschau ein Wagen für den Rosenmontagszug (Köln) gezeigt, der derart geschmacklos und diskriminierend ist … aber auch dort ist wohl alles erlaubt, und am Montag werden sich alle wieder köstlich amüsieren (vielleicht gewinnt dann auch noch der Wagen einen Preis).

    Ich bin wahrlich nicht prüde und habe bestimmt über machen dieser angeprangerten Witze oder Geschichten auch schon mit gelacht und freue mich über den Anblick einer schönen Frau (dazu muss sie nicht bis zur Halskrause zugeknöpft sein); doch muss ich meine Frage wiederholen: Wo fängt der sog. Sexismus an und wo hört er auf? Oder ist das in das Ermessen jeder einzelnen Person gestellt? Nur, wozu dann die Aufregung?

    Wenn wir das Thema so ernst nehmen wollen, wie es gewiss in vielen Situationen ist, dann müssen wir wohl ganz woanders und viel früher ansetzen. Leider wird man aber auch damit diejenigen mit der ewig lockeren Zunge, den anzüglichen und zweideutigen Sprüchen oder den unkontrollierten Händen nicht bremsen können.

    Somit gehört das Thema auf den Tisch; jedoch ehrlich und ernst gemeint mit entsprechenden Argumenten und nicht um Politik zu machen und anderen was ans Zeug zu flicken, wie es die Medien immer wieder gerne tun (und dann muss einmal mehr eine Frau aus dem Hut gezaubert werden). Eigentlich schade, denn dazu ist das Thema doch zu wichtig.

    Hans-Werner Kleindiek

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