Und gib uns unser täglich Brot

Seit Jahrzehnten esse ich morgens gerne Toastbrot – nicht einfach Weißbrot, sondern im Toaster getoastetes Toast-Brot, seit meiner Heirat auch gerne in Vollkornversion.

Als Renner hat sich dabei im Laufe der Jahre eine Vollkornmischung von Harry herausgemendelt; die ist immer so schön saftig und – jetzt kommt das Entscheidende – „OHNE Konservierungsstoffe“!

Ein wenig habe ich mich schon immer darüber gewundert, dass ein Harry Toastbrot ohne konservierende Stoffe solange frisch bleibt und nicht schimmelt. Seit einigen Tagen weiß ich nun, warum das so ist – und seither ist Harry kein Thema mehr für mich.

3SAT zeigte vor kurzem einen Beitrag über die Bemühungen der Teigindustrie, Brot über Wochen haltbar zu machen. Der Schlüsselbegriff dazu lautet „Enzyme“, genauer: Genmanipulierte Enzyme (Amylasen oder Lipasen); noch genauer: Nach dem Backen nicht mehr nachweisbare genmanipulierte Enzyme in Fertigbackmischungen.

Ein Labor im dänischen Ort Bagsvaerd führte das Unternehmen „Novozymes“ seine neuste Entwicklung vor: Ein acht Wochen altes Brot, das in seiner Frische von einem ganz frisch gebackenen Brot definitiv nicht zu unterscheiden ist: Weder geschmacklich, noch in seiner Konsistenz, noch in seiner Bruchfestigkeit.

Die Zahl der Bäckereien schrumpft seit langem. Allerdings fällt das Sterben der Handwerksbäcker kaum auf, denn es gibt weiterhin überall „frisch“ Gebackenes: Immer mehr Bäckereiketten mit Brotbackautomaten im „Backshop“ übernehmen die Versorgung des Volkes mit Brot, Brötchen usw.

Möglich macht das eine Veränderung im Backwesen: Die Teigherstellung und der Backvorgang werden zunehmend „entkoppelt“: Tiefgefrorene Teiglinge werden im „Backshop“ nur noch aufgebacken. Dazu sind Bäcker oder Fachverkäuferin nicht mehr notwendig, nur eine Tiefkühltruhe und ein Ofen. Die Auswahl an Brot und Brötchen im „Backshop“ ist zudem viel größer als beim Handwerksbäcker, weil die Teiglinge auch in kleinen Portionen aufgetaut werden können.

200 zugelassene Zusatz- und Hilfsstoffe gibt es im Backgewerbe. Sie machen den Teig geschmeidiger, das Brot haltbarer – doch sie stehen fast nie auf der Brötchentüte, wohl auch, weil sie nach dem Backen faktisch nicht mehr vorhanden bzw. nachweisbar sind, die Backhilfsmittel sind schlicht andere Verbindungen eingegangen bzw. herausgebacken. Neun von zehn Backwaren enthalten inzwischen Enzyme von Novozymes.

Vielleicht wissen zukünftige Generationen, welchen Schaden diese Genmanipulationen hervorrufen können und werden nur mitleidig den Kopf über unsere Leichtgläubigkeit schüttelt. Jetzt esse ich getoastetes Dinkel-Vollkorn-Weißbrot aus dem Bioladen. Das schmeckt auch ganz leidlich.

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