Mathe – eins plus eins gleich drei?

In einer Schulklasse stellt der Mathelehrer die Frage, wie viel eins plus eins ist. Nach einer Verzögerung gehen einige Finger in die Höhe und der Lehrer fragt Max: „Drei“, sagt der. „Nun, ja, nicht schlecht; aber es geht noch besser – wer weiß noch eine Antwort?“ Schließlich kommt man auf das richtige Ergebnis.

Ist Mathematik ein Würfel-oder Lottospiel? Seit längerer Zeit erlebe ich es immer stärker, dass es bei Schulkindern keine falschen Antworten mehr gibt. Selbst in so eindeutigen Situationen  wie in der Matheaufgabe beschrieben, heißt es nicht eindeutig: Das ist falsch – oder etwas diplomatischer ausgedrück, „Denk doch noch einmal nach, das kann nicht drei sein!“ Nein, man eiert allerorten darum, als wenn die Kinder nie eine falsche Antwort geben.

Was ist das für eine Wissensvermittlung? Wohlgemerkt, bei Mathematik geht es nicht um ein „Vielleicht“ oder „So ungefähr“. Hier sind die Ergebnisse eindeutig. Warum also solch eine Antwort?

In einer 6. Klasse ist Besuch aus Ghana eingetroffen (Studenten, die in der Heimat die Kinder unterrichten wollen, und sich im Rahmen eines Besuchs in der  Partnergemeinde in verschiedenen Schulen umsehen). Die Gäste nehmen am Englischunterricht teil.

Aufgrund des Besuches fragt die Lehrerin, wer denn an der großen Weltkarte einmal zeigen könnte, wo genau Afrika liegt. Petra meldet sich und geht etwas vorsichtig zu der großen Karte. Unschlüssig steht sie davor uns sucht verkrampft zwischen den Ozeanen und Landteilen nach Afrika.

Es entwickelt sich so etwas wie: „Warm – lauwarm – heiß – oooh – kalt!“ Schließlich zeigt sie auf Nordamerika. „Ja, das ist auch ein großes Land; aber von Afrika sind wir noch ein wenig entfernt.“ so die Lehrerin. Petra irrt weiter auf der Karte rum und sucht in Asien. Nach diesen Irrfahrten landet man endlich in Afrika – oh Wunder! Einer der Gäste zeigt den Jugendlichen schließlich wo genau Ghana sich befindet.

Die Lehrerin legt noch eine Frage drauf. „Jetzt wissen wir, wo unsere Gäste her kommen. Wie weit ist das denn von Deutschland entfernt? Wo also liegt Deutschland?“ Erneut geht die endlose Sucherei los, und mit viel Hilfe findet die Klassengemeinschaft dann Deutschland. Die Suche nach Münster hat der Lehrer lieber gleich aufgegeben.

Was ist das für eine Art Wissensvermittlung? Die Kinder/Jugendlichen machen keine Fehler mehr! Sie alle gehen nach dem Unterricht zufrieden nach Hause. Wie soll dann bitte die nächste Klassenarbeit bewertet werden?

Ich schreibe hier nicht an einem Roman. Das sind erlebte Beispiele an Schule, im Konfirmandenunterricht, bei der Nachhilfe oder wo immer Sie wollen. Was war falsch an unserer Schulbildung, und was hat zu diesem radikalen Umbruch geführt? Lernen die Kinder/Jugendlichen so besser? Bloß keine negativen Erlebnisse! Verstehen wir das heute da unter Motivation?

Hans-Werner Kleindiek

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