Erntedank – gib uns unser täglich Brot

Jetzt ist die Zeit, in der man allerorten das Erntedankfest begeht. Dabei taucht bei mir unweigerlich die Frage auf, ob es auch bei jedem ankommt?

Was will ich damit sagen? In den letzten Jahren erleben wir, dass es immer nur ein Streben nach mehr und mehr und mehr gibt. Wenn die Zahlen in den Betrieben nicht stimmen (zweistelliges Plus), dann herrscht schlechte Stimmung, und die bekommen die Mitarbeiter/-innen zu allererst zu spüren. Die Einnahmen für die Geschäftsleitung und die möglichen Gesellschafter (je nach Unternehmensform) stimmen dabei immer.

Beim Personal fängt man stets zuerst an zu sparen. Wenn ein Betrieb dann jedoch den Bach runter geht (und das passiert größtenteils durch Fehler im Management und nicht in der Belegschaft), dann sind wiederum die Mitarbeiter/-innen die Leidtragenden (die Riege der Oberen steckt sich dann oftmals schnell noch einmal die Taschen voll).

Doch kommen wir zum Thema: Es geht also allen nur um mehr und mehr Gewinn. Beim Erntedank denkt jeder nur an die Landwirtschaft – an die Frucht des Feldes und der menschlichen Arbeit. Doch Erntedank kann auch ein Industrieunternehmen feiern und begehen, ist doch die Entwicklung der Firma nicht unbedingt selbstverständlich, und auch hier geht es um menschliche Arbeit.

Wie halten wir es mit dem Dank für „unser täglich Brot“, und da gehört sehr viel dazu? Nehmen wir bei all‘ der Fülle den Segen überhaupt noch wahr? Denken wir bei unseren vollen Mägen auch an die Anderen? Vergessen wir dabei auch nicht, wo das alles her kommt?

Es ist bekannt, dass bei immer steigender Tendenz zu Monokulturen die Böden kaputt gehen. Auch das ist ein Thema zum Erntedank. Wie gehen wir mit dem Reichtum der Erde um? Die Vernichtung der Böden – die Nutzung von Lebensmitteln um Kraftstoff zu erzeugen – die Abholzung der Wälder für weitere Monokulturen, Immobilien oder Spielplätze der Reichen und Schönen usw.

Zum Erntedank gibt es in den Kirchen meistens das Gleichnis vom „reichen Kornbauern“. Der Kornbauer, der eine überreiche Ernte einfährt und sich überlegt, was er damit machen soll. Der neue und größere Speicher und Scheunen baut, um sich dann zurückzulegen und sein Leben zu genießen. Ihm wird im Traum deutlich gemacht, wie kurzlebig das gedacht ist; denn noch in der Nacht wird man sein Leben von ihm fordern – was nützt ihm dann sein Reichtum?

Hier wird nicht gegen Reichtum gewettert – das Gleichnis klagt den Egoismus an! Der Korbbauer rafft den Reichtum an sich, er baut größere Speicher, um den Reichtum für SICH zu behalten. Wer gibt heute noch etwas ab von seiner Ernte? In manchen Gemeinden reicht es noch nicht einmal mehr zum traditionellen Erntekranz.

Erntedank können wir überall feiern, und jeder Chef oder Geschäftsführer, oder wer immer das Sagen in den Betrieben hat, täte gut daran, für die Ernte zu danken, anstatt Mitarbeiter/-innen zu entlassen oder die Gehälter zu kürzen. Danken sollen und können wir immer: Jede Mahlzeit ist einen Dank wert; denn sie ist nicht selbstverständlich.

Hans-Werner Kleindiek

 

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