König von Deutschland

Einst war es keine Frage, wer das Sagen hatte und wer wem zu dienen hatte: Jahrtausende lang hielten sich wenige Herrscher eine Vielzahl von Untertanen.

Doch heute in Zeiten der Demokratie, wer dient da eigentlich wem? Der Staat seinem Volke oder das Volk seinem Staat? Gerne bezeichnen Politiker das Volk augenzwinkernd als „Souverän“ – doch ist es nichts weniger wahr als das. Dürfen wir uns die Bundesrepublik Deutschland etwa so vorstellen wie eine Eigentümerversammlung? Ja, denn durch Legislative, Exekutive und Judikative („Gewaltenteilung“) herrschen wir über uns selbst – so zumindest will es die Theorie.

Und genau an diesem Punkt bemerkt man, dass an dem Bild etwas schief ist. Denn dass die Regierung sich zwar aus gewählten Interessenvertretern des deutschen Volkes zusammensetzt, ist unstrittig; doch dass diese die Interessen der Mehrheit des deutschen Volkes vertritt, ist hingegen fraglich. Mancher spricht inzwischen von „Fassadendemokratie“ oder „simulativer Demokratie“ (Daniela Dahn).

Der ehemalige Verfassungsrichter Herbert von Arnim hat in einem seiner Bücher ja hinreichend darauf hingewiesen, dass ca. 2/3 der gewählten Volksvertreter bereits im Vorfeld der Wahl – bedingt durch die „Listen“ – feststehen. Er kritisiert das deutsche Wahlrecht deshalb als „Geschöpf der politischen Klasse“ und fordert mehr Demokratie.

Wer sicher ins Parlament einziehe, so der Jurist, werde einzig von den Parteien bestimmt, die ihre Wunschkandidaten in „Hochburg-Wahlkreise“ und auf die ersten Listenplätze setzten. Die Macht des Wählers beschränke sich in der Realität darauf, die Größe der Fraktionen zu bestimmen.

Bereits Karl Jaspers hatte 1966 von einer „Akklamation der Parteienoligarchie“ geschrieben: „Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogendem Volksleben, selber zum Staat.“

Der Rechtsprofessor sieht in der Einführung von Volksentscheiden die Möglichkeit, die „Abschottung der politischen Klasse gegen die Bürger“ aufzubrechen und so die „nötige Kontrolle gegen Machtmissbrauch“ zu schaffen.

„Nach 60 Jahren Demokratieerfahrung im Westen und 20 Jahre nach der friedlichen Revolution im Osten sollte niemand mehr dem deutschen Volk die demokratische Reife absprechen dürfen.“ Auch eine Direktwahl des Bundespräsidenten oder der Ministerpräsidenten sei seiner Meinung nach sinnvoll.

Sophie Scholl schrieb in einem Flugblatt im Juli 1942:

„Jeder einzelne Mensch hat einen Anspruch auf einen brauchbaren und gerechten Staat, der die Freiheit des Einzelnen als auch das Wohl der Gemeinschaft sichert.“

 

Dieser Beitrag wurde unter Politik abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu König von Deutschland

  1. Sandra sagt:

    Dem kann ich mich nur anschließen. Meiner Meinung nach sollte die Anzahl der Sitze im Bundestag zudem abhängig sein von der Höhe der Wahlbeteiligung. Wenn nur 40 Prozent wählen gehen, werden eben auch nur 40 Prozent der Sitze besetzt. Das könnte ein kleiner Ansporn für die Damen und Herren Politiker sein, der Politikmüdigkeit entgegenzuwirken – und tatsächlich die Meinung ihrer Wähler zu vertreten.

Kommentare sind geschlossen.