Das Glück kommt zu Besuch

Je mehr wir das Glück wollen, desto weniger werden wir es erreichen. Man kann Glück nicht bewusst anstreben. Glücklich ist, wer liebt, wem etwas gelingt, wer etwas erfährt, was ihn tief berührt.

Jeder kann sich bemühen, seine Arbeit gut zu tun, damit sie ihm gelingt. Ich kann Musik hören oder wenn begabt, selber machen oder einen Spaziergang durch eine wunderschöne Landschaft unternehmen. Wenn ich ganz in dem bin, was ich gerade tue, im Musikhören, im Wandern, im Schauen, im Schmecken, dann kommt das Glück zu mir.

Glück ist immer im Jetzt. Glück ist ein Signal, das die Natur erfunden hat, um uns zu zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Mit Glücksgefühlen werden wir verlockt, Dinge zu tun, die gut für uns sind. So lernen wir, welche Situationen wir suchen und herstellen sollen.

Glück ist flüchtig: Es kann nicht akkumuliert und muss immer wieder neu erfahren werden.

Es sind kurze Momente, in den man glücklich ist, an die man sich erinnert im Leben, schlaglichtartig, fotographisch. Entscheidende Ereignisse und Erlebnisse, die haften bleiben, eingebrannt im Gedächtnis für immer. Viele Jahre und Jahrzehnte später noch können wir diese Momente abrufen. Sie sind uns ganz nah. Wir können Situationen damals nachempfinden, schmerzlich oder verzückt.

„Glück ist wie ein Schmetterling. Will man es einfangen, so entwischt es einem immer und immer wieder. Doch wenn Du geduldig abwartest, lässt es sich vielleicht von selbst auf deiner Hand nieder.“ (Nathaniel Hawthorne)

Glück zu haben und glücklich zu sein, ist nicht dasselbe – ebenso wenig wie Glück und Zufriedenheit identisch sind. Zufriedenheit ist im Gegensatz zu Glück kein Gefühl. Zufrie­den­heit ist die Folge eines Urteils. Zufriedenheit entsteht im Rückblick. Glück findet hingegen, wie alle Gefühle, in der Gegenwart statt.

Die seit Jahren zu beobachtende Glückshysterie übersieht, dass der Mensch nicht dauerhaft glücklich sein kann – das Ende wäre ein fataler Dauerrausch. Das kollektive Streben nach Glück ist letztlich nur ein Indiz für Verzweifelung. Denn die Suche nach dem Glück hat ihren Ursprung im Fehlen von Sinn. Auch Positivdenken löst das Dilemma nicht: Beim Betrachten von Gläsern sind diese eben nicht nur entweder „halb voll“ oder „halb leer“, sondern manchmal tatsächlich „leer“.

Öde und lächerlich sind daher „Glücksratgeber“: „Es steht nirgends, in keinem der wirklich weisen Bücher geschrieben, dass das Leben ein andauernder Genuss zu sein habe und dass es die Bestimmung des Menschen sei, um jeden Preis und sozusagen hauptberuflich glücklich zu sein.“ (Konstantin Wecker)

Goethe kam am Ende seines Lebens zu der Erkentnis, dass er zusammengenommen gerade mal sieben Tage im Leben glücklich gewesen sei. Eine Anhäufung irdischer Güter jedenfalls ist kein Garant für Glück, eher im Gegenteil – Glück ist reduktionistisch. Doch „Das Herzklopfen für das Wohl der Menschheit geht darum in das Toben des verrückten Eigendünkels über“ (Hegel).

Eudaimonia ist ein in der Philosophie gebrauchter Begriff, der bei Aristoteles das Gelingen der Lebensführung bezeichnet. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich „einen guten Dämon habend“.

Was braucht der Mensch zum Glücklichsein? „Ein gutes Buch, ein paar Freunde und keine Zahnschmerzen.“ (Fontane)

Und schlussendlich: Glück kommt immer „Huckepack“. Das heißt, wir sind immer glücklich, weil etwas geschieht oder weil wir gerade etwas tun oder erleben.

„Ja, renn nur nach dem Glück
doch renne nicht zu sehr
denn alle rennen nach dem Glück
das Glück rennt hinterher.“ (Bertolt Brecht, Dreigroschenoper)

„Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen.
Denn das Glück ist immer da.“ (Goethe, Erinnerung)

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