Der Deutsche und sein Garten

„Nachmittags mache ich mir dann im Garten zu schaffen. Mir macht diese Arbeit viel mehr Freude, als mich im Großstadtgedränge hin- und herschubsen zu lassen.“

Dies schrieb bereits vor über 2000 Jahr der römische Dichter Horaz (65 – 8 v. Chr.).

Wer einen Garten hat, mag ihn nicht missen, auch wenn damit Arbeit verbunden. Dabei gehen die Ansichten darüber, wie ein Garten auszusehen habe, diametral auseinander. Doch wer hat nur diese sterilen und künstlichen Gärten empfunden? Wollen sie das kleinbürgerliche Abbild der großen Landschaftsparks sein?

Wie immer sind die Deutschen auch beim Thema Garten gründlich und ordentlich. Nein, der Garten ist kein Vergnügen („Ich muss noch Rasenmähen!“), sondern eine Aufgabe. Besonders an den freien Wochenendtagen wird gebuddelt, geackert, gesät, gemäht.

Englischer Rasen, unkrautfreie Blumenbeete, gezirkelte Rabatten, alles ist wohl geordnet – so haben die Deutschen ihn gerne, ihren Garten. Doch auch ohne Gartenzwerg wirkt er langweilig, spießig und öde. Die Rasenkanten werden mit grauen Betonsteinen abgesteckt – mein auch ansonsten nonkonformistischer Friseur berichtet mir gar von Edelstahl in seinem eigenen Geviert.

Was waren das noch für Zeiten, als umgedrehte, grüne Sektflaschen die Beete meiner Eltern markierten! Als Buchs zwischen Blumen und Gemüse trennte. Als Opa das Gras (!) mit der Sense mähte. Später hatten wir dann einen gebrauchten Walzenmäher – natürlich handbetrieben. Heute hat jeder Zweite einen „Aufsitzrasenmäher“ – und sei der Garten noch so klein.

Doch in diesen modernen Gärten gibt es nichts zu entdecken. Den Rasen betritt man nur zum Mähen. Löwenzahn, Gänseblümchen oder Spitzwegerich haben hier nichts zu suchen! Jeder Grashalm zwischen den Steinen der versiegelten Einfahrt wird sofort weggespritzt, weggebrannt oder ausgestochen! Wehe eine Butterblume (vulgo: „Löwenzahn“) bohrt sich durch den Grund: Mit dem Fiskars „Unkrautstecher“ geht es gleich zur Sache – das „Green“ auf einem Golfplatz ist nichts dagegen!

In den Kolonien der Kleingärtner, Parzellisten und Laubenpieper sind gar Heckenhöhe, Zeiten des Baum- und Strauchschnitts, Bepflanzung usw. streng reglementiert: So viel Rasen, so viel Gemüse, so viel Blumenbeet. Wer sich nicht daran hält, wird sanktioniert.

Die Natur lässt solche „Ordnung“ selber nicht zu. In ihr herrscht weitestgehend Chaos. Doch der Garten ist nicht nachtragend: „Ich habe zwar momentan keine Zeit für meinen Garten, aber er wächst trotzdem.“ schrieb eine Freundin neulich so treffend.

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Eine Antwort zu Der Deutsche und sein Garten

  1. Jochen Voigt sagt:

    Manche sagen, der Garten sei der Spiegel der Seele. Auf jeden Fall ist der Garten ein Kulturgut, ein Mikrokosmos, der sich aus Einflüssen der Natur und des gärtnernden Menschen realisiert.
    Viele Gärten sind leider tatsächlich „kaputtgepflegt“ – aber: siehe oben, des Menschen Wille ist sein Himmelreich.
    Für mich ist es das Schönste auf der Welt, etwas im Garten zu machen. Das würde ich fast nicht mehr als Arbeit definieren. Und wenn es gut läuft, werden uns die herrlichsten Früchte, Kräuter und Blumen geschenkt, dass mir das Herz vor Freude überläuft.

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