Da fahren wir mal hin – Harriersand

Zugegeben, es ist etwas schwierig, den Weg zur Fähre nach Harriersand in der Stadt Brake zu finden. Man hat den Eindruck, der auch ansonsten eher trostlose Ort habe wenig Interesse an Touristen – denn kein erkennbares Schild weist auf die Fähre hin!

Dabei ist nicht nur die etwa fünfminütige Überfahrt mit dem Schiff „Guntsiet“ eine lohnenswerte Angelegenheit – auch die Insel Harriersand an sich ist allemal einen Ausflug wert!

Der Harriersand ist nämlich Deutschlands größte und Europas längste Flussinsel: Auf der einen Seite ein ganz schmaler Weserarm, auf der anderen Seite der Hauptstrom. Die 11 km lange und bei einer Fläche von rund 6 Quadratkilometern große Insel lädt zu ausgedehnten Spaziergängen entlang Riet- und Wiesenflächen ein. Mit seinen endlos erscheinenden Naturstränden stellt sie ein ideales Ausflugsziel und Erholungsgebiet für die ganze Familie dar.

IMG_1264Kaptitän Eberhard Diekmann steuert seine kleine Fähre „Guntsiet“ ab Brake Hafen im Sommer immer zur vollen Stunde sicher nach Harriersand. Das macht er nun schon seit 30 Jahren so. Vor seinem Bauch baumelt der Fahrkarten- „Automat“.

Decksmann Wilfried Reimer hilft ihm beim An- und Ablegen und Verstauen der Fahrräder – ein eingespieltes Duo. Die beiden verstehen sich seit Jahren, ohne auch nur ein einziges Wort miteinander zu wechseln – so sind die Männerfreundschaften hier im hohen Norden! Die Fähre gehört der Stadt Brake, bereedert wird sie zur Zeit vom Logistikunternehmen „lit“.

Harriersand ist ein künstliches Gebilde. Ursprünglich bestand die Insel aus sieben verschiedenen Inseln, die anlässlich einer Weservertiefung in den Jahren 1924 bis 1932 zu einer Insel vereinigt wurden. Genutzt und nutzbar gemacht wurde sie von Bauern, die das fruchtbare Land zur Heugewinnung gepachtet hatten. Heute gibt es noch 13 bewirtschaftete Höfe auf der Insel sowie 130 Wochenendhäuser und ein paar Holzhäuser für Feriengäste. Die Tagesgäste behält man unauffällig und so ganz nebenbei Auge, damit die keinen Unfug machen.

Man kennt sich auf der Fähre, denn nur knapp einhundert Menschen leben fest auf der Flussinsel. Heute wird auf einem der Bauernhöfe der 100. Geburtstag einer Dame aus Brake gefeiert, die man eher auf 80 Lebensjahre schätzen würde. Eine Busreisegesellschaft bekommt eine Extratour mit Hafenrundfahrt. In Brake stehen immerhin die größten Kornspeicher Europas. Gerade wird ein weiterer gebaut.

Der Verein „Inselfreunde Harriersand (IFH)“ unterhält sommers auf dem Harriersand auch einen Zeltplatz mit schönem alten Baumbestand und netten lauschigen Ecken – das ist allerdings ein reiner Zeltplatz, Wohnwagen und Wohnmobile sind nicht zugelassen! Doch wer Natur pur liebt, ist hier hervorragend aufgehoben – man darf das Zelt auf dem charmanten Platz einfach hinstellen, wo es einem gefällt, hier gibt es keine abzirkelten Plätze oder gar Jägerzäune.

Man kann im „Inselhaus“ übernachten. Für Erholungssuchende mit mehr Anspruch an Komfort gibt es einige wenige Ferienwohnungen und „Urlaub auf dem Bauernhof“.

IMG_1310Die „Strandhalle Harriersand“ sorgt zu zivilen Preisen mit kalten und warmen Speisen für das leibliche Wohl, drinnen im Wintergarten und sommers gerne auf der großen Terrasse mit Blick auf den Braker Hafen. Ob frische Krabben, Fisch oder Fleisch, diverse Salaten, knusprige Bratkartoffeln, Ofenkartoffeln oder einfach Currywurst mit Pommes – vom kleinen Appetit bis zum großen Hunger, die rustikale Küche bietet für jeden etwas. Direkt im vor der Terrasse befindet sich ein Spielplatz für die Kleinen, so hat man den Nachwuchs stets im Auge. Saison: März bis Oktober; Öffnungszeiten täglich von 11:00 – 21:00 Uhr – bei Veranstaltungen (bis 150 Personen) auch länger!

Eine Viertelstunde nach seiner Ankunft fährt Käptn Diekmann seine „Guntsiet“ wieder zurück. Das Ganze für nur 2 Euro. Bis Ende Oktober, dann ist erstmal Schluss bis zum nächsten März. Binnenschifffahrtskapitän – so sein offizieller Titel – Diekmann feiert in dieser Zeit Überstunden ab und macht Urlaub. Die Insel ist dann nur noch über die Brücke im Süden von Schwanewede-Rade her – auch für Motorrad- und Autofahrer – zu erreichen. Alle fünf Jahre kommt die „Guntsiet“ in Trockendock zur Überholung, so auch dieses Jahr.  Das Ganze wird dann etwa 50.000 Euro kosten – dafür müssen Diekmann und Reimer ganzschön oft hin und zurück fahren nach Harriersand!

Harriersand, das ist der perfekte Tagesausflug oder Kurzurlaub zwischendurch: Die Füße eben mal in den Sand stecken und den Schiffsverkehr oder andere Gäste beobachten; auf dem Waldspielplatz spielen, Piratenschatz suchen, Sandburgen bauen und Eis am Stiel. Einen Gallionsfigurenschnitzer gibt es auch Süden der Insel – der soll aber angesichts von Besuchern manchmal schlechte Laune haben – typisch Insulaner eben. Es gibt nur eine Autostraße, die von Süd nach Nord, keine ausgewiesenen Fuß- oder Fahrradwege. Rundwanderungen sind mithin nicht möglich. Auch sind die Zugänge von dieser etwas öden Straße zur Weser überall mit selbst gemalten Schildern reglementiert „Privat! Zutritt verboten!“

Man muss hier keine Kurtaxe zahlen und sieht den ganzen Tag Wasser, mal ganz viel und manchmal etwas weniger, je nach den Gezeiten – immerhin beträgt der Tiedenhub hier bis zu 4 Meter! Die „Kernzone“ der Insel mit Strandhalle, Spielplatz, „Inselrundweg“ und Wochenendhäusern ist überschaubar. Der Strand bietet Platz genug. Indes: Die Aussicht auf die riesigen grauen Hafenanlagen ist alles andere als schön – da schaut man am besten nur flussauf- oder abwärts. „Harriersand, Sonne, Sand und mehr …“

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