Was gesagt werden muss

Große Aufregung herrscht im Lande. Nobelpreisträger und Großliterat Günter Grass hat sich politisch zu Wort gemeldet.

Das wäre an sich nichts Besonderes. Das hat er immer getan. Doch dieses Mal hat er eines von zwei deutschen Kardinaltabuthemen angerührt. Wer das tut, muss ähnlich wie einst im AT mit der Vertreibung aus dem Paradies rechnen. Das eine große Thema heißt „Anti-Amerikanismus“, das andere „Kritik am Staate Israel“. Jens Jessen beschreibt dies Phänomen in „DIE ZEIT“ vom 12. April 2012 als „deutsche Verdrucktsheit“.

Auch der Autor dieser Zeilen muss deshalb seine Worte wohl bedacht wählen und zunächst eine ihn von jedem falschen Verdacht freistellende Erklärung abgeben, die in diesem unserem Lande noch Jahrhunderte notwendig sein wird: Was das deutsche Volk dem jüdischen Volk im Nationalsozialismus angetan hat, war verbrecherisch, unverzeihbar und sprengt jede noch so horrible Vorstellungskraft insbesondere der Nachgeborenen. Punkt.

Doch ergibt sich daraus mE kein Anlass zu einem erbsündigen automatischen Generalverdacht aller Deutschen hinsichtlich eines fortgesetzten Antisemitismus. Und ebensowenig kann es  einen Persilschein für alle militärischen Aktivitäten des israelischen Staates geben. Eine Unterscheidung von Staat und Volk, von Judentum und Zionismus ist unerlässlich.

Große Aufregung herrscht im Lande. Nobelpreisträger und Großliterat Günter Grass hat sich (wieder einmal) politisch zu Wort gemeldet. Und das war gut so. Das war sehr mutig. Denn es könnte immerhin die Würdigung seines gesamten Lebenswerk in wenigen Tagen zunichte machen.

Bereits 1998 gab es vehementen Protest, als Schriftstellerkollege Martin Walser anlässlich der Verleihung des „Friedenspreises des deutschen Buchhandels“ am 11. Oktober in der Frankfurter Paulskirche eine Rede hielt, in der er eine „Instrumentalisierung des Holocaust“ ablehnte.

Die Frage, ob Günter Grass seine Meinung nicht anders als in Form eines Gedichtes hätte veröffentlichen können, ist dabei ebenso müßig wie die, ob sich Künstler überhaupt politisch äußern sollten. Keinesfalls müßig ist hingegen die Frage, wer dem Iran zu einer atomaren Technologie verholfen hat, die dieser ansonsten eher mittelalterlicher Staat aus eigener Kraft niemals hätte generieren können.

Wenn man Herrn Grass partout einen Vorwurf machen möchte, dann den, die heftigen Reaktionen nicht vorhergesehen zu haben.

Sie haben meinen Respekt, Günter Grass!
Das musste gesagt werden.

P.S.: Der Autor dieser Zeilen war übrigens im Jahre 1970 für ein halbes Jahr Mitglied der „Jusos“. Und reimen tut sich der Text ebenfalls nicht.

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2 Antworten zu Was gesagt werden muss

  1. 1) Der kämpfende Pazifist, der sich der Größe seiner Aufgabe bewusst ist, wird keinen Unterschied machen zwischen Bürger- und Völkerkrieg, zwischen äußeren und inneren Feinden. Für ihn gibt es nur einen Krieg, nur einen Frieden. Mit gleicher Macht erstrebt er den Frieden nach innen wie nach außen.

    2) Der Pazifist, der tiefer in die Beweggründe der Kriege schaut, geht noch einen Schritt weiter in der Beurteilung des Bürger- und Völkerfriedens und sagt, der Kriegsgeist, der Geist der Gewalt, ist ein Kind des chronischen bürgerlichen Kriegszustandes, der die Eingeweide aller Kulturvölker zerreißt. Wer diesen Geist bekämpfen will, muss ihn in erster Linie als Bürger im eigenen Lande bekämpfen. Der Weg zum Völkerfrieden geht über den Weg des Bürgerfriedens und nicht umgekehrt.

    3) Das, was die Völker und Volksklassen in Waffen gegeneinander treibt und immer getrieben hat, sind Dinge wirtschaftlicher Natur, die Notzustände schaffen oder vorherrschen lassen, und für diese Zustände gilt das Gesetz: NOT KENNT KEIN GEBOT. Die Not bricht nicht nur Eisen, sondern auch Verfassungen, Verträge und Bündnisse und setzt sich über alle moralischen, ethischen und religiösen Hemmungen hinweg. Nichts ist schließlich der Not heilig als der Kampf gegen ihre Ursachen.

    4) Auf die Beseitigung solcher Notzustände hat also der ernsthafte Friedenskämpfer sein Augenmerk zu richten, unbeschadet seiner etwaigen Überzeugung, dass der Frieden oder wenigstens der Friedenswunsch mit moralischen, religiösen und ethischen Mitteln auch noch gefordert werden könne.

    5) Der Notzustand, der zu den Kriegen treibt, hat wenigstens bei den heutigen Industrie- und Handelsvölkern seinen Grund nicht in einem naturgegebenen Mangel an Industrie- und Nährstoffen, sondern in unseren gesellschaftlichen Einrichtungen, die die Produktion und den Austausch beherrschen und die Arbeit tributpflichtig machen, wobei der Umstand noch erschwerend wirkt, dass zur Sicherung dieses Tributes der Produktion und dem Tausch Hemmungen bereitet werden müssen, die zu Krisen und Arbeitslosigkeit führen. Die gesellschaftlichen Einrichtungen, um die es sich da handelt, sind das Privateigentum an Grund und Boden und das herkömmliche, aus dem Altertum in unveränderter Gestalt von uns übernommene Geldwesen, dessen Mängel immer offensichtlicher geworden sind. Grund- und Geldbesitzer fordern Zins, sonst sperren sie der Produktion den Boden und dem Austausch der Produkte das Geld. Dieser Zins überträgt sich automatisch auf das gesamte Wirtschaftsleben und schafft das, was als Kapitalismus bezeichnet wird.

    Silvio Gesell (Stabilisierung des Bürger- und Völkerfriedens, 1928)

    Ein geistiger Tiefflieger wie Günter Grass wird das wohl bis zum Jüngsten Tag nicht mehr begreifen.

    http://www.deweles.de/intro.html

  2. Ihr Zitat mag es treffen, Ihr anschließende Disqualifizierung / Desavourierung nicht.

    Wer andere erniedrigt, will sich selber letztlich nur erhöhen. Denken Sie auch einmal darüber nach.

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