Bildung, Wissen, Intelligenz

Die Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“ machte in den vergangenen beiden Wochen Auflage mit einem „Großen Bildungstest“.

In einer Beilage von jeweils acht Seiten sollen die Leser rund 200 Fragen zum Allgemeinwissen beantworten, die sich an den Ressorts der Wochenzeitung (Politik, Wirtschaft, Feuilleton, Kultur, Wissen und Reisen) orientieren. Die gleich mitgelieferte Auswertung der Antworten zeigt, ob sich der Leser beim jeweiligen Thema als „Laie“, „Könner“ oder als „Experte“ fühlen“ darf.

Quiz‘ sind im Trend, spätestens seit „Trivial Pursuit“ und Günter Jauch. Doch was ist eigentlich „Bildung“ und zu was ist sie noch nütze, in Zeiten, wo man doch alles in sekundenschnelle im Internet nachschlagen kann? Ist derjenige gebildet, der einen definierten Wissenskanon in Form von Informationen abrufen kann?

Bildung ist historisch und kulturell immer je unterschiedlich definiert. Galt einst das „Trivium“ (Grammatik, Dialektik, Rhetorik) als Bildung oder später im Rahmen einer „humanistischen Bildung“ das Beherrschen der „Alten Sprachen“ (siehe hier auch die „allseits gebildete Persönlichkeit“), so ist der Bildungsbegriff heute ein anderer.

Dabei wäre noch zu unterscheiden zwischen Bildung, Wissen, Information und Intelligenz. Gebildet ist der, der Bildung erfahren hat, so Beispiel durch Abitur und Studium. Doch nützt diese Bildung in freier Wildbahn wenig, um zu überleben. Wer Wissensdaten in großer Menge memorieren und als Information abrufen kann, ist noch lange nicht gebildet – auch wenn er dadurch möglicherweise  „Fachmann“ gelten kann. Und Intelligenz ist letztlich nur, was der Intelligenztest misst.

Auch die Formel „Wissen ist Macht“ ist durch das Internet obsolet geworden. Das „Sapere aude“ der Aufklärung von einst reduziert sich inzwischen auf quantitative Informationen.

Wozu dann das alles? Zwar kann man mit Wissen Preise gewinnen und vor anderen glänzen, doch trägt das einzig zur Unterhaltung anderer oder Befriedung eigener Eitelkeit bei. Mit Qualität hat das ebenso wenig zu tun wie mit den inzwischen ergänzenden Begriffen von „emotionaler“ oder „sozialer“ Intelligenz. Und so gerät der große Bildungstest der „ZEIT“ letztlich zum puren „Zeitvertreib“, ganz ähnlich den wasserpestartigen Quiz-Shows im TV.

Und wer viel misst, misst viel Mist – das wissen zumindest die Statistiker.

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3 Antworten zu Bildung, Wissen, Intelligenz

  1. Der Hype um Faktenwissen hat mit den Quiz-Shows in den letzten Jahren nochmals zugenommen. Doch auch in der Schule hat sich fast nichts geändert. Meine Tochter wird im Gymnasium genauso mit Faktenwissen vollgestopft wie mir das vor mehren Jahrzehnten passiert ist. Dabei erklärt die Wissenstreppe vom Klaus North sehr schön den Unterschied zwischen Information, Wissen und Kompetenz. Siehe auch Artikel auf wissensarbeiter.org
    Alles, was ich heute googeln kann, ist nichts anderes als Information, wie zum Beispiel „wie tiefe Temperaturen vertragen Tessiner Palmen im Winter“. Leider wird heute immer noch viel Wert auf das gelegt, was einfach zu messen ist.

  2. Danke für Ihre zustimmenden Zeilen!
    Schon durchtrieben, dieses Auflage treibende Quiz der „ZEIT“! Ich kenne viele, die das ausgefüllt haben.
    KH

  3. Katanka sagt:

    Also ich find gewisses Basiswissen gehört schon dazu, um Zusammenhänge begreifen zu können.
    Wobei ich da aber eher an Systemische Grundlagen denke, die zu gerne Ausgeklammert werden.
    Natürliche Ordnung, Geldkreisläufe, Wasserkreislauf, Energiekreislauf usw usf.
    statt dessen geht man nicht nur ins Detail, ja man geht weiter, reisst Details aus dem Leben, untersucht diese nun tote Materie in toter Umgebung, und stopft die Erkenntnisse dann in die Köpfe der Menschen.

    Was auch viel wichtiger wäre, in der Bildung, ist zwischenmenschliche Grundlagen zu analysieren, thematisieren, verstehen, und Handlungsmöglichkeiten aufzubauen.
    Persönlichkeitsentwicklung. Bedürfnisse, Herkunft und Auflösung von Ängsten und Hass, wie wirken sich diese zusammen mit Neid Gesamtgesellschaftlich aus?
    Warum will die Wirtschaft konkurrenzdenken, und stimmt es wirklich dass Menschen nur auf Konkurrenz bauen können, weil es die natürliche Ordnung wäre?
    Ist der Mensch überhaupt (noch) fähig zu lieben? Oder lieben wir dafür unser Ego zu sehr? Gibt es Alternativen? Wie sähe Zusammenleben aus, wenn wir nicht systematisch alte Muster perpetuieren würden?

    Wie kommen wir aus dem wo wir reinmanövriert wurden wieder raus?
    Ich für meinen Teil sehe nur den Ausstieg aus dem System, meine kleine humanistische Oase errichten, und möglichst dem Neid den Zugang verwehren, auch wenn Menschen die sich nichts gönnen ständig an meine Bewusstseinstür pochen, und drauf hoffen, dass sie ihren Dreck in Form von unhaltbaren Vorwürfen, Anschuldigungen und anderen Manifestationen bei mir abladen können.

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