„Schulden machen uns zu Sklaven“

Der Ökonom Tomas Sedlacek beschreibt unter diesem Titel in einem Interview der SZ am 4./5. Februar 2012 treffend, woran unser Wirtschaftssystem krankt.

Der Chef-Ökonom der größten tschechischen Bank CSOB zieht zur Beantwortung dieser Frage die Schriften der antiken Philisophen zu Rate. Er macht vor allem mit seiner „Josef-Theorie“ (Genesis 41) deutlich, dass auch Deutschland absehbar ins finanzielle Chaos stürzen wird. Zwischen der Krise 2001 und dem Zusammenbruch der Lehman Brothers im Jahre 2008 lagen sieben vergleichsweise gute Jahre.

Doch wer in guten Jahren keine Rücklagen bildet, sondern auch in diesen weiter massiv Schulden anhäuft, hat in der Krise nichts mehr hinzuzusetzen. Wir bejubeln ein Prozent Wachstum und machen gleichzeitig drei Prozent Neuschulden – das kann nicht gut gehen.

Die Geier kreisen

Muss es auch nicht, denn das interessiert die Banken letztlich nicht: Solange der Schuldner zahlungsfähig ist, verdienen sie glänzend, geht er bankrott weiden sie ihn genüsslich aus und bedienen sich am verbliebenen Tafelsilber als eingetragene Erstgläubiger. Viel besser noch: Sie sozialisieren ihre möglichen Verluste, indem sie diese dem Staat und damit Steuerzahler übertragen.

Schulden beschränken die Freiheit. Das erleben wir gerade aktuell am Fall Griechenlands oder Ungarns, wo sich die EU erheblich in die innersten Angelegenheiten dieser Länder einmischt. Wer private Schulden hat, ist ebenfalls in seinen Freiheiten eingeschränkt – einst bis in den „Schuldturm“.

Schulden ermöglichen zwar Wachstum, doch ist dieses nur geliehen – wir machen Anleihen auf die Zukunft. Und nicht zufällig steht das Wort „Schuld“ in einem direkten Zusammenhang mit „Sühne“.

Der Wachstumswahn

Der scheinbar unbeirrbare Glaube an stetes Wachstum führt letztlich in den Ruin. Der Mensch stellt sich das Paradies immer nur in der Zukunft vor, anstatt sich mit dem Zustand zufrieden zu geben, den er erreicht hat.

Der Produktivitätsfortschritt würde uns paradiesische Zustände mit wenig Arbeit erlauben. Wäre die Wirtschaft für den Menschen da und nicht umgekehrt, hätten wir durch die Effizienzgewinne schon seit langem deutlich mehr Muße. Die Industrieländer haben das irdische Paradies längst erreicht: Zwei Autos, zwei iPhones, zweimal im Jahr Urlaub usw. Auch ohne Wachstum wäre in gutes Leben möglich. Doch Ilsebill ist nie zufrieden und am Ende wohnt sie wieder in ihrem Pisspott.

Wie konnte es nur soweit kommen? Nur durch eine desaströse Verflechtung von Politik und Banken. Daraus kann der Bürger das Fazit ziehen, dass es letztlich die Banken sind, die das Land regieren. Und damit sind wir wieder bei Titel des Interviews.

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