Dass (Grund-) Schulen angesichts rückläufiger Geburten- und damit Schülerzahlen absehbar geschlossen werden, dagegen gibt es grundsätzlich nichts einzuwenden. Mehreren Grundschulen im Landkreis Diepholz droht derzeit das Aus, so auch der Grundschule Melchiorshausen.
Bereits mit Schuljahrbeginn 2011 hatte man die Chance verpasst, eine erste Klasse mit einer sinnvollen Klassengröße von zwölf Kindern zu etablieren und schülerzentrierten Unterricht zu machen. Stattdessen führte man lieber Klasse eins und zwei zu einer zweizügigen Klasse von 25 Schülern zusammen – ein Anachronismus ohnegleichen. Mancher sah darin schon das länger befürchtete Ende der Grundschule Melchiorshausen.
Weil nun der Weyher Bürgermeister Lemmermann kurz vor Weihnachten in einem Handstreich das Obergeschoss der Grundschule von einem Tag auf den anderen „aus Sicherheitsgründen“ sperrte, müssen die Klassen drei und vier in Räumlichkeiten einer anderen Schule ausweichen. Verbleibt also nur noch die (zweizügige) Klasse im Gebäude – da lohnt sich natürlich der Schulstandort nicht mehr!
Dass die Elektrik marode ist, war offenbar seit vielen Jahren bekannt. Dass der
Fluchtweg vom ersten Geschoss auf einem Flachdach endet, dürfte den
Sicherheitsbehörden ebenfalls nicht unbekannt gewesen sein. Dass eine Treppe aus Holz zum ersten OG führte, können Generationen von Schülern bezeugen. Plötzlich kursiert eine Summe von 1,2 Millionen an Sanierungskosten – woher die Zahl stammt, weiß keiner. Die Eltern sprechen hingegen von einem Aufwand im niedrigen fünfstelligen Bereich.
Und so entsteht der Eindruck, dass diese Sanierungsargumente nur benutzt werden, um das Ende der Grundschule Melchiorshausen einzuleiten. Dass die letzten Stunden dieser kleinen Schulen damit eingeläutet sind, ist traurig genug. Was jedoch die Eltern wütend macht, ist die durchsichtige und aus ihrer Sicht verlogene Vorgehensweise ihres Bürgermeisters. Der große Soziologe Niklas Luhmann hat solches Vorgehen einst in seinem Buch trefflich mit dem Titel „Legitimation durch Verfahren“ beschrieben. Ein typischer Schachzug von Berufspolitikern: Die Bürger vor vollendete Tasachen stellen und danach begründen, warum das notwendig war.
„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ (GG 21,1)
Ein Dialog findet nicht statt. Das ist in unserer Demokratie auch nicht vorgesehen. Nichts fürchten die Regierenden mehr als „den Druck der Straße“ – Volksentscheide sind Teufelszeug! Stattdessen empfehlen sie dem Bürger: „Zur Wahl gehen, Kreuzchen machen, Klappe halten!“. Das ist nichts als die Fortsetzung tradierter Herrschaft mit anderen Mitteln.
Und genau deshalb hat sich in Zeiten von „Stuttgart 21“ oder „Occupy“ auch in Melchiorshausen ein von der Politik unerwartet hoher Widerstand gegen die Schließung der Grundschule gebildet. Den Ratsherren stehen unbequeme und lästige Zeiten ins (Rat-) Haus. Doch, wer derart autokratisch und arrogant agiert, hat es nicht anders verdient.
Die wichtigste Investition, die ein Land ohne nennenswerte Rohstoffreserven tätigen kann, ist die in die Bildung und Ausbildung ihres Nachwuchses. Wer das nicht versteht, hat offenbar nichts verstanden.
Der „Z(w)eitgeist“ unterstützt die Initiative „Grundschule für Melchiorshausen„.
P.S.: Am 25. Februar 2012 findet ab 10:00 Uhr ein Demonstrationszug von der Melchiorshauser Grundschule zum Rathaus statt.
Widerstand gegen unfaires Handeln, das die Jüngsten trifft – genau darum engagieren wir uns in der G.f.M. seit der Hiobsbotschaft in der Nacht zum 21. Dezember 2011. Die Nachricht von der spontanen Schließung der oberen zwei Räume der Grundschule unserer Kinder erreichte uns auf höchst seltsamem Wege. Und zwar kam nicht etwa der Bürgermeister oder der Rat oder ein Vertreter des Schulausschusses auf uns zu, sondern ein Vertreter der Presse rief an und sagte: „Wusstet Ihr eigentlich, was da gerade im Rat beschlossen wurde?“ Keiner wusste davon und auch KEINE Lösung wurde von Rat oder Bürgermeister Lemmermann präsentiert. Nur die Schließung der Räume ohne neue Räume für die Kinder organisiert zu haben. Das ist und bleibt unerhört!!! Zudem bleibt es völlig schleierhaft, wir man auf der einen Seite als Gemeinde 300.000 Euro in eine Kita in Melchiorshausen investiert – und zwar im Herbst 2011 – um dann die in Spuckweiter befindliche Grundschule wegen Kindermangeles im Winter 2012 zu schließen. Zudem ist interessant, dass 700.000 Euro zwar bereitstanden für einen Kunstrasenplatz in Weyhe, aber keine sich deutlich unter 100.000 Euro bewegende Summe, um den Brandschutz in der Grundschule so optimieren, dass der Bürgermeister dann auch wieder ruhig schlafen kann. Wir bleiben dran – für unsere KINDER! Und weil diese Schulschließung weit mehr als nur Eltern und Schüler betrifft, ist der ganze Ortsteil Melchiorshausen in Aufruhr und wird sich bei der großen DEMO am 25. Februar auch deutlich gemeinsam zeigen. Wer mit uns für die Kinder und den Ortsteil demonstrieren will, ist herzlich eingeladen!
Moin, moin Herr Heidtmann,
ich kann Ihnen da nur zustimmen – auch wenn die Geschichte in Ihrem Umfeld abläuft.
Das Thema, wie es abläuft ist der große Aufhänger und eigentlich absolut vergleichbar mit vielen ähnlichen Situationen in unserem Land:
Das ständige Basteln an unserem Schulsystem hat bisher keinerlei Erfolge gebracht, sondern lediglich Unsicherheit und Unzufriedenheit auf breiter Basis –
ganz zu schweigen von dem leidigen Thema der Schließung von Grundschulen – da lügt die Politik sich mal wieder selber in die eigene Tasche. Wobei der Ablauf bei Ihnen ja nun zum Himmel schreit – eine äußerst windige und fadenscheinige Sache – nur, dass ist genau das Problem der heutigen Zeit:
Es geht immer nur um Masse – im Fernsehen ist es dann wohl die Quote – immer nur die großen Zahlen, da können Sie getrost sehr viele Diskussionen auf allen Ebenen und in allen Bereichen nehmen, immer die Frage: Lohnt sich das denn überhaupt? Die paar Leutchen …
in diesem Fall kommt dann noch erschwerend hinzu, dass es um die Entwicklung und Bildung der Kinder geht – genau dieses sollte doch möglichst in der Nähe passieren: Und wenn es schon eine Grundschule gibt, dann sind doch die Voraussetzungen gegeben – statt dessen lässt man die Immobilie verfallen, um ein Argument für die Schließung zu haben. Verdammt billig – und das auf dem Rücken der Kinder – dann sind die Klassen eben ein wenig kleiner, umso besser für die Kinder.
Aber diese Gedanken spielen in Schule schon immer die wichtige Rolle (alle Schulformen): Eine gewisse Klassenstärke muss erreicht werden, sonst lohnt es sich nicht; und wenn diese überschritten wird, die Zahl für eine zweite Klasse in der vorgeschriebenen Größe nicht reicht, dann wird die eine eben aufgestockt, anstatt ganz einfach zwei kleinere daraus zu machen. Das habe ich nie verstanden, vor allen Dingen (und da sind wir ganz schnell bei einem Punkt von Ihnen) die Schulformen von denen ich gerade spreche, wissen zu Beginn der Anmeldung gar nicht, wie viele bis zum Beginn noch dazu kommen (also ergibt sich im Endeffekt eine ganz andere Zahl). Und es ist bekannt, dass im Laufe der Jahre Schüler/innen aus anderen Schulen hinzu kommen (gibt es ganz eindeutige Zahlen), die Klassenstärke also wieder sehr stark zunimmt. Offensichtlich wird ja auch bei Ihnen mit falschen Zahlen jongliert!
Es ist tröstlich zu sehen, dass sich mittlerweile ein ganz schön großer und sehr aktiver Kreis gesammelt hat – nur die Medien geben mal wieder das immer von mir kritisierte klägliche Bild ab. Ich hoffe, es bleiben alle bei der Stange und Sie können letztlich einen Erfolg verbuchen.
Als ich dann von der Förderschule gelesen habe, war meine Idee sofort, dass man da doch zur Not kombinieren kann, der Schulleiter denkt wenigstens mit, und sicher gibt es da weitere Möglichkeiten in bestehenden Räumlichkeiten, die nur unzureichend genutzt werden (ohne dass man gleich Millionen ausgeben muss). Wo die Politiker immer gleich so dubiose Zahlen her haben?
Zum besseren Verständnis:
Ich kämpfe in einem kleinen Verein seit fast 30 Jahre für eine Chancengerechtigkeit von Schülerinnen und Schüler einer Hauptschule, um ihnen eine Perspektive im Übergang von Schule in eine Ausbildung zu ermöglichen. Die Aufgaben und Aktivitäten sind umfassend und sehr breit und tief angelegt.
Hier spielt sich seit Jahren das Parallelbild zu Ihnen ab: Politik und Medien haben es in einer zermürbenden Taktik ganz gezielt geschafft, dass die Hauptschule diskriminiert und extrem mies in der Öffentlichkeit dargestellt wurde – folglich haben immer weniger Eltern ihre Kinder angemeldet. Heute heißt es plötzlich: sieh‘ da, es werden keine Kinder mehr zur Hauptschule angemeldet, wir müssen sie wohl schließen oder durch eine andere Schulform ersetzen. Welch‘ eine Heuchelei!
Wieder wird an der Schulstruktur gebastelt und etwas Neues aus dem Hut gezaubert, nur die Basis damit immer weiter ausgehöhlt – die Schullandschaft immer undurchschaubarer und die Eltern und Kinder stetig stärker verunsichert.
Die Grundschulen müssen auch in kleineren Orten erhalten bleiben, die Klassen entsprechend kleiner werden, was wiederum der Bildung sehr zu Gute kommt – und gerade in jungen Jahren kann man mit einer guten Bildung noch sehr viel mehr erreichen. Fehler die hier gemacht werden, können z.B. in einer 9. Klasse nicht mehr repariert werden.
Im Sinne der Kinder ist Ihr Engagement unbedingt wichtig!
viel Erfolg weiterhin
alles erdenklich Gute
und
recht herzliche Grüße aus Münster
Hans-Werner Kleindiek