Bereits aus 50 Meter Entfernung entscheidet unser Hund, wie er sich gegenüber dem entgegenkommenden Artgenossen verhalten wird: Freudig begrüßen, ankläffen, abwarten, verscheuchen oder selber einen großen Bogen machen.
Beim hochentwickelten Menschen ist das letztlich nicht viel anders – nur weiß er das nicht. Denn wir können nicht immer eindeutig sagen, warum uns jemand nicht gefällt, der noch gar nicht seinen Mund aufgemacht hat. Gerne wird dieses Phänomen mit Worten beschrieben wie „Die Chemie stimmt / stimmt nicht“. Oder man spricht von einer „gleichen Wellenlänge“. Mancher beschreibt das auch als „Nasenfaktor“.
Ganz gleich wie man es benennt, der Hintergrund scheint physikalischer bzw. chemischer Natur zu sein. Denn Menschen senden immer Signale aus, meist unbewusst. Die anderen empfangen diese Signale, ebenfalls meist unbewusst.
„Ich kann den nicht riechen“ lautet ein geflügeltes Wort. Oder „der stinkt mir“. Doch fällt die Entscheidung über Sympathie oder Antipathie keineswegs immer allein über den Geruchssinn.
Auch das Auge entscheidet darüber mit, ob wir einem anderen Menschen vertrauen oder nicht – allein schon die Körperhaltung kann aus der Ferne über Freund oder Feind entscheiden. Gar nicht zu reden vom direkten Blickkontakt.
Und auch der Tastsinn spielt eine Rolle, zum Beispiel wenn wir jemandem die Hand reichen.
Der Hörsinn kann ebenfalls darüber Auskunft geben, ob wir eine Stimme mögen oder nicht.
Da wir meist weder genügend Reaktionszeit noch Speicherkapazität besitzen, um Menschen in ihrer ganzen Individualität zu erfassen, ordnen wir sie nach Typen ein und
stecken sie in Schubladen. Kann ich dem vertrauen? Muss ich mich in Acht nehmen? Ist er mir sympathisch? Unbewusst vergleicht man mit früheren guten bzw. schlechten Erfahrungen.
Wir geben damit freie Bahn für entsprechende Gefühle: Flucht oder Angriff. Bevor noch das kritische Denken einsetzt, sind bereits alle Gefühlsschattierungen aktiviert mitsamt ihren biochemischen Steuerungen.
Jeder Kontakt ist daher so etwas wie ein Augenblick der Wahrheit, in dem der Mensch
seine Vorstellung vom anderen formt. Letztlich geht es um das, was wir heute „Sympathie“ nennen.