Gorch Fock – nächster Akt

Ich komme nicht umhin, mich noch einmal zu dem Thema „Gorch Fock“ zu Wort zu melden. Denn viele Berichte und veröffentlichte Meinungen in den Medien arteten in wilden Spekulationen und haarsträubenden Kommentaren von sogenannten „Fachleuten“ aus.

Besonders beeindruckend ist dabei die Position und Wortwahl des Herrn Königshaus (seines Zeichens Wehrbeauftragter). Ich bin immer wieder erstaunt (das gilt für die Besetzung politischer Ämter schlechthin), welch völlig unterschiedlichen Posten die Damen und Herren in häufigem Wechsel so bekleiden. Und immer sind es „Fachleute“, die über ein breites Fachwissen verfügen, scheinbar mehr als diejenigen, die die Berufe erlernt haben und viele Jahre ausüben.

Zu dieser Klientel gehört auch der genannte Herr Königshaus. Möglicherweise wird er schon einmal seine Füße auf ein Schiff gesetzt haben – nur ist er dann gleich ein Fachmann? Da kommt er doch spontan auf die Idee, man solle auf einem so gefährlichen Segelschiff Netze spannen, damit diejenigen, die dann aus dem Mast fallen immerhin sanft aufgefangen werden, bevor sie Plankenkontakt haben würden. Wie bitte soll das denn im normalen Tagesablauf gehen? Man verwechsle ein Segelschiff nicht mit einer Zirkusnummer!

Wenn also der Wetterbericht schwere Stürme und entsprechenden Seegang vorhersagt, dann bitte erst einmal auf dem gesamten Schiff Netze ausbringen. Vor lauter Sicherungsmaßnahmen vergisst die Besatzung dann die Seefahrt, und die Netze sind ihnen bei jedem Handgriff im Weg und führen zu riskanten Manövern.

Liebe Frauen und Männer, die ihr so gerne dem Segelsport nachgeht, was für Netze wollt ihr jetzt spannen, oder nicht lieber gleich aufhören? Nur, was machen wir denn auf einem maschinengetriebenen Schiff, wenn der Funker in den Mast muss, um eine Reparatur an den Antennen vorzunehmen? Diese Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen, denn der gefährlichen Tätigkeiten sind es viele auf einem Schiff.

Schade, dass wir nicht unser gesamtes Leben ausnahmslos absichern können. Wenn dem so wäre, warum gibt es dann noch Tote bei Verkehrsunfällen (zu Wasser, zu Lande, zu Luft, auf der Schiene)? Wie bitte hätten Netze jemandem geholfen, der bei Seegang so über Bord gegangen ist, ohne aus dem Mast zu fallen? Wie schützt man sich denn dagegen? Vielleicht hat Herr Königshaus auch dafür schon ein Patent in der Tasche?

Und wenn dann auch noch ein Flugzeug vom Himmel fällt? Was machen wir denn da? Ganz klar, das Fliegen einstellen. Nein, Spaß und Polemik beiseite, die Angelegenheit ist viel zu ernst und die lächerlichen Aussagen sind viel zu makaber. Der Mann spricht von Meuterei ohne zu wissen, was er damit sagt. Er spricht von mittelalterlichen Ausbildungsmethoden, ohne je selber erlebt zu haben, was es heißt, zur See zu fahren. Er spricht von Dingen, von denen er überhaupt keine Ahnung hat (und er ist damit offenbar nicht der Einzige in der Politik).

Die Gorch Fock läuft am 6. Mai endlich wieder in den Heimathafen Kiel ein. Es wird einen großen Empfang geben. Es werden Menschen erscheinen, die dem Schiff die Abwrackwerft wünschen und heuchelnd auf der Pier stehen. Zum Glück werden jedoch viele Menschen dabei sein, die einfach nur ihre Angehörigen in Empfang nehmen wollen – Schiff und Besatzung die Ehre erweisen. Und es werden ganz gewiss viele dabei sein, die auf diesem Schiff zur See gefahren sind (Fachleute).

Ich wünsche dem Schiff und allen Besatzungsmitgliedern allzeit gute Fahrt und immer eine Hand breit Wasser unterm Kiel.

Dieser Beitrag wurde unter Beruf, Gastbeitrag, Modernes Leben abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.