Wir lernten einander Mitte Oktober des Jahres 1973 vor dem Büro des irischen Assistenzprofessors Ian Watson im Gebäude GW2 der Universität Bremen kennen.
Thomas Göller und ich hatten uns beide für das Studienfach Englisch immatrikuliert. Zwei Wochen später gesellte sich als Dritter im Bunde Otmar B. hinzu. Wir sollten für viele Jahre ein Freundestrio bleiben.
Thomas war bereits verheiratet. Er hatte sein Medizinstudium abgebrochen, weil seine Freundin – wenn auch nicht von ihm – schwanger war. Bei dem Unternehmen 3M verdiente er als Verkäufer von Kopiersystemen schnell und viel Geld, war bald Mitglied des „Century Clubs“ (ein Kreis der 100 besten Verkäufer), fuhr einen Triumph TR 7 Sportwagen.
Kein Wunder, dass Thomas war mit Abstand der Schlagfertigste von uns Dreien war. Frech und respektlos gegenüber allen vermeintlichen Autoritäten obendrein. Natürlich auch ein Charmeur und – gut aussehend, wie er war – Liebling der Frauen, besonders blonder.
Als Nachkömmling einer „Mesalliance“ – Thomas Vater und Mutter haben zwar zusammen gelebt, aber erst viele Jahre nach seiner Geburt geheiratet, weil sein Vater formal noch nicht von seiner ersten Frau geschieden war – trug er den Mädchennamen seiner Mutter. Von seines Vaters Seite, den Pohlandts, hat Thomas drei Halbgeschwister. Thomas hat den Namen seines leiblichen Vaters dann als Jugendlicher nicht mehr übernehmen wollen. Paulas erster Mann war als Jude in Ausschwitz ums Leben gekommen. Aus dieser Ehe stammt Thomas Halbbruder Hans-Werner C., auch auf den zweiten Blick keine einfachen Verhältnisse.
Thomas war nicht nur hochintelligent, sondern auch recht dominant. In den ersten Semestern hat er uns viel Anerkennung abgerungen. Erst viele Jahre später konnten wir uns aus seinem großen Schatten freischwimmen – und erst da wurde unsere Freundschaft wirklich beidseitig echt. Meine bis heute anhaltende Leidenschaft für Technik und Computer, für Schach und Tischtennis, für Eckhard Henscheid und Skat verdanke ich ihm zum großen Teil. De mortuis nil nisi bene, doch auch wenn er bei Schach und Skat fast immer gewonnen hat – verlieren konnte er nicht gut.
Wir wollten nach unserem Studium noch gemeinsam promovieren. Daraus ist dann nichts mehr geworden. Thomas, Jahrgang 1948, ist bereits im Jahre 1987 an einem Aneurysma verstorben.
Heute, am 4. Februar, wäre Thomas 63 Jahre alt geworden.
Otmar und ich, die wir immer noch Kontakt halten, sind uns einig, dass er uns immer noch sehr fehlt. Wir wären nicht die, die wir heute sind, hätten wir Thomas nicht kennengelernt. Und was aus uns geworden wäre, lebte er noch heute? Wer weiß …