Seit einigen Monaten berichtet die SZ als Serienrubrik über „Gemischte Gefühle“. Am 11. Februar 2011 behandelt Hilmar Klute die „Verachtung„.
Nach „Meyers Enzyklopädie“ aus dem Jahre 1905 ist „Verachtung, das Gefühl, das der Voraussetzung persönlichen Unwertes bei sich selbst (Selbstverachtung) oder bei anderen (Verachtung anderer) entstammt“.
Nicht ganz leicht, dieses Gefühl abzugrenzen von solchen wie „Ekel“ oder „Hass“, wie Studien über die Interpretation von Gesichtsausdrücken ergeben haben. Sicher ist aber, dass Verachtung mit Aggression korreliert. Bei diesen unterscheiden die Wissenschaftler in „heiße“ und „kalte“ Affekte – die Verachtung wird zu letztem gerechnet. Wer verachtet, schüttet nämlich keine Stresshormone aus.
Und der Verächter ist ein denkender Mensch, deshalb sprechen die Psychologen irritierender Weise von einem „kognitiven Gefühl“. Doch die Frage ist dann, ob Verachtung überhaupt noch als „Gefühl“ bezeichnet werden kann?
Die Verachtung ist durch das Präfix „ver“ auf jeden Fall das Gegenteil von „Achtung“. Wer verachtet, grenzt also andere aus. Verachtung stempelt den Anderen als minderwertig ab. Die Verachtung ist mithin eine scharfe Waffe, was die Redewendung „jemanden mit Verachtung strafen“ besagt, nämlich, dass man jemanden bewusst ignoriert, ihn absichtlich nicht beachtet.