Der „Licensing effect“

Das Magazin der SZ berichtet diese Woche über eine weitere der vielen interessanten psychologischen Theorien, den sog. „licensing effect„.

Worum geht es? Wenn ein Mensch Positives getan hat, meint er oftmals dadurch ein moralisches Guthaben aufgebaut zu haben. Durch eine ethische Entscheidung akkumuliere ich vergleichbar einem T-Konto auf der Plusseite einen moralisches Guthaben, das es mir erlaubt, mich bei einer anderen Entscheidung weniger ethisch zu verhalten (Minusseite).

Ein Beispiel: Sie beziehen den teureren Grünstrom, weil Sie gegen Atomkraftwerke sind. Als dann eine Energiesparlampe ihren Dienst aufgibt, werfen Sie diese in die graue Restabfalltonne, obwohl das Leuchtmittel korrekterweise als Sondermüll entsorgt werden müsste. Dazu wäre aber eine aufwändige Fahrt zur Sammelstelle notwendig. Weil Sie auf der ökologischen Guthabensseite aber ein ordentliches Plus haben, verzichten Sie jedoch darauf.

Ein weiteres Beispiel: Sie kaufen gerne Produkte mit einer sozialen Komponente, weil Sie dadurch einerseits einen „warm glow“ (gutes Gefühl) bekommen und andererseits nicht so ein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie sich anschließend ein (überflüssiges) Paar Edelschuhe gönnen. Sie können getrost das vierte Kotelett hinterwürgen, weil Sie ja ein Patenkind in Afrika haben. Ihr Auto hat die Euro-Norm 4, 5 oder gar 6? Dafür genehmigen Sie sich mit nur leicht schlechtem Gewissen schnelle Fahrten mit 250 km/h und mehr.

Diese Beobachtungen korrelieren auch mit einem Versuch von Quarks, den wir hier beschrieben haben.

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Eine Antwort zu Der „Licensing effect“

  1. Apicula sagt:

    Hochinteressant. Wieder so ein schöner Artikel, wo man sich ganz fies ertappt fühlt.
    Schuldig im Sinne der Anklage. Kann ich anhand Beispielen aus meinem Lebensalltag bestätigen. Doof, aber ist so…
    Und dann verdammen wir den Ablasshandel der Kirche…

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