Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Unzählig sind die Streitereien, Polizeieinsätze und Prozesse im nachbarschaftlichen Umfeld. So manches Mal fehlten hinterher ein paar Zähne, oder waren die Augen blau. Und auch Totschlag im Affekt sowie geplanten Mord soll es schon gegeben haben.
Die Anlässe sind unterschiedlich und meist nichtig – Maschendrahtzaun. Die Ursachen liegen tiefer. Meist ist es die urbane und unnatürliche Enge und Nähe – Populationsdruck, nennen das die Biologen.
Mein Nachbar zur Linken hat es vor 15 Jahren gleich mit mir versaut. Er betont zwar immer, dass er ein Musterexemplar von gutem Nachbarn ist, gemerkt hat das bisher aber noch keiner in der Straße.
Nach dem der Fußball unseres Ältesten mehrere Male auf seinem Grundstück gelandet war, hatte er vom Weidezaun Strom abgezweigt und so verlängert, dass unser damals fünfjähriger und bis heute Fußball begeisterter Sohn einen heftigen Stromschlag erhielt und daraufhin Rotz und Wasser heulte. Ich habe dem Kollegen Nachbarn in sehr deutlichen Worten gesagt, was ich von solchen Faschistenmethoden halte. Seitdem herrscht gepflegte Distanz. Guten Tag und guten Weg – das muss reichen.
Wenig Begeisterung rufen auch Nachbarn bei mir hervor, die sich an keine Lärm- oder Rasenmäherverordnung zu halten glauben brauchen: „Du hättest ja nicht hierher ziehen brauchen!“ Da wird munter bis 23.00 Uhr gekärchert, gemäht, geschreddert. Der dezent zugestellte Auszug aus der europäischen Lärmschutzverordnung reicht für ein paar Wochen, danach ist das schnell wieder vergessen.
Vielleicht sollte ich es mit Nietzsche halten: „Auf ein dummes Hirn gehört als Argument die Faust“? Zumindest aber halten wir es mit dem Sprichwort: „Liebe Deinen Nachbarn, aber reiß den Zaun nicht ein!“ Denn ähnlich wie in Großraumbüros stellen wir fest, dass das Zusammenleben nicht besser wird, nur die Zäune höher.
Frei nach Nitzsche eine alte Bauernweisheit: Ochsen verstehen nur eine Sprache, nämlich ein Schlag zwischen die Hörner.