Don’ t shoot at the pianist

Der schon leicht gealterte aber keinesfalls ergraute und soignierte Pianist in der „Kakadu Bar“ des wunderschön restaurierten „Kurhaus Binz“ stammt aus Kroatien. Man kommt ins Gespräch. Seine Eltern hatten einst ein Restaurant im „Schnoor“ in Bremen: Das „Belgrad“. Wir erinnern uns schwach: Rasnici, Cevapcici, Djuvec Reis, Slivovic usw. Preiswertes, schmackhaftes Essen und große Portionen für hungrige Schüler, Studenten und Touristen.

Später hat sein Vater mit dem dort verdienten Geld auf Sylt ein Restaurant aufgemacht, erzählt er uns. Der Vater ist schon lange tot, eine Wohnung ist dem Sohn geblieben. Die Kinder und Enkel leben alle wieder in Kroatien. Er besucht sie gerne und oft.

Doch jetzt spielt er an einem modernen roten (!) Steinbach Stutzflügel („der hat einen etwas harten Anschlag“) Barmusik. Dezent, versteht sich, denn die Gäste reiferen Jahrgangs dieses 5-Sterne Superior Etablissements von „Travel Charme“ (dem inzwischen dritten – hoffentlich erfolgreicheren – Betreiber dieses Hauses) bevorzugen eher ruhige Musik, sagt er. Natürlich hört der Gast Variationen von „As time go by“, „Georgia“, „I did it may way“, aber auch Filmmusik und Klassik. Wir erraten gemeinsam fast alle Stücke. Wenn nicht, verrät er es uns dezent lächelnd. Brahms 4. Symphonie und Morricones „Spiel mir das Lied vom Tod“ haben wir nicht erkannt. Dafür spielt er für mich Schuberts „Leise flehen meine Lieder“ – mein Vater mochte und spielte es gerne auf seinem Klavier (einem aus dem August Förster Pianobau in Löbau aus den 30er Jahren).

Nach jeweils einer halben Stunde macht der Pianist eine Pause. Im Nebenzimmer sehe ich ihn durch ein kleines Fenster auf und ab gehen. Er gähnt heftig. Musik ist auch kein leichtes Geschäft für ältere Herren, jedenfalls nicht gegen Mitternacht. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb: Danke!

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