Stolz

Solange die Eltern leben, zeigen oder berichten ihnen ihre Kinder – und mögen sie selber schon Großeltern sein – stets gerne über das, was sie erreicht, erworben oder geschaffen haben. Das muss eine Art attavistischer Reflex sein.
 
Stolz ist offenbar angeboren. Allerdings vergehen etwa vier Jahre, bis Kinder erstmals Anzeichen von Stolz zeigen. Erst dann haben sie entwickelt, was Wissenschaftler „Theory of Mind“ nennen: Die Fähigkeit, sich ihrer selbst bewusst zu sein und die eigene Leistung mit der anderer vergleichen zu können.
 
Dabei gibt es offenbar zwei Arten des Stolzes: Die eine macht Menschen anmaßend und arrogant – die andere sympathisch. Einigkeit herrschte noch nie darüber, was Stolz mit Menschen anstellt.  Schlimmer als Neid und Zorn sei der Stolz, meinte Dante. Aristoteles hingegen pries Stolz als die „Krone der Tugenden“.
 
In der Tat, Stolz ist in höchstem Maße ein gemischtes Gefühl: Der Stolz auf die eigene Leistung kann zu Spitzenleistungen beflügeln, verletzter Stolz kann Freundschaften zerstören und Kriege entfachen. Wenn man deshalb jemandem „stolz“ attestiert, kann das sowohl ein Kompliment als auch eine Abwertung sein. 
 
Und dann macht es noch einen Unterschied, ob jemand zB stolz darauf ist, vom Fünf-Meter-Turm gesprungen zu sein oder stolz darauf ist, ein Deutscher zu sein. Beim Nationalstolz belegen die europäischen Staaten übrigens die letztenPlätze, Westdeutschland ist auf dem sechstletzten Rang, Ostdeutschland auf dem allerletzten. Das wiederum macht mich als „vaterlandslosen Gesellen“ ein wenig stolz.
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